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Ruth ist Mitte 30 und arbeitet seit 7 Jahren im Wombat‘s City Hostel. Zuerst ein Jahr in Wien und anschließend in Berlin an der Rezeption. Vor viereinhalb Jahren hat sie den Betriebsrat mitgegründet. Seitdem ist sie auch Betriebsrätin.

Das Wombat‘s City Hostel schließt zum 31.8. Warum?

Zumindest vorerst schließt das Haus. Wir gehen davon aus, dass es – genau wie zum Beispiel damals der „Wintergarten“ in Schöneberg – irgendwann wieder eröffnet wird. Nur eben ohne uns Gewerkschaftsmitglieder.

Wie kam es zu der Schließung?

Wir haben 2015 als erstes Hostel in Deutschland einen Betriebsrat gegründet und anschließend sind die meisten von uns Beschäftigten Gewerkschaftsmitglieder geworden und haben für einen Tariflohn gestreikt. Als Betriebsrat sind wir von der Geschäftsleitung in Wien und auch dem Management vor Ort in Berlin von Beginn an bekämpft worden. Das erste Wombat‘s Hostel wurde 1999 in Wien eröffnet und von da bis zur Betriebsratsgründung konnten die Besitzer Alexander Dimitriewicz und Marcus Praschinger alle, die ihnen nicht passten einfach so feuern. Meine Vermutung ist, dass es ihnen deutlich gegen den Strich gegangen ist, dass sie plötzlich die Beschäftigten in Berlin nicht mehr so einfach kündigen konnten, obwohl wir Einiges aufgedeckt haben, was nicht so gut lief und viele gute Dinge für die Belegschaft durchgesetzt haben, die sie eigentlich nicht tun wollten. Unsere Chefs haben viel Geld für juristische Beratung ausgegeben und sind uns trotz konstanter Zermürbungsversuche nicht los geworden. In dem offiziellen Aushang an die Belegschaft steht eindeutig, dass es dem Wombat‘s Berlin wirtschaftlich hervorragend geht, aber dass unsre Chefs „so“ nicht weitermachen wollen. Daraus geht für mich eindeutig hervor, dass das Haus geschlossen wird, weil sie keine Lust auf Mitbestimmung der Belegschaft und Einhaltung der Rechte von Arbeiter*innen haben.

Welche Methoden hat die Geschätsleitung konkret gegen euch angewendet?

Ich hab mal ein Buch über Union Busting-Methoden gelesen und wir haben eigentlich so gut wie alles durch – nur einen Privatdetektiv haben sie meines Wissens nicht auf uns angesetzt. Konkret bedeutet das: Das Management hat von Anfang an versucht, uns als Belegschaft zu spalten. Es wurden/werden immer noch Lügen über uns Gewerkschaftsmitglieder erzählt um uns zu diffamieren. Von einem Tag auf den anderen wurde den Gewerkschaftsmitgliedern gesagt, dass sie ihre Arbeit schlecht machen; wir haben haufenweise Abmahnungen mit Kündigungsandrohung aus an den Haaren herbeigezogenen Gründen bekommen; vom Management wird man entweder ignoriert, angeschrien oder sie spielen Lieder mit beleidigendem Inhalt, wenn man in ihr Büro kommt – also so Psycho-Spielchen, dass man sich super unwohl fühlt und dann von selbst geht. Die Reinigung wurde ausgegliedert und die Geschäftsleitung hat zugegeben, dass ihnen die Ausgliederung teurer kommt als interne Reinigung. Und der letzte Schritt, bevor sie bekannt gegeben haben, dass sie das Hostel schließen, war einfach ohne Grund Lohnbestandteile von besonders aktiven Gewerkschaftsmitgliedern einbehalten. Als wir trotzdem geblieben sind, begonnen haben, den fehlenden Lohn einzuklagen, so was dauert leider ca. 1 Jahr, weil die Gerichte so langsam sind, und begonnen haben, einen Soli-Darlehen zu organisieren, damit wir nicht deshalb einknicken müssen, haben sie wohl gemerkt, dass wir uns nicht zermürben lassen und uns weiterhin für eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen einsetzen werden. Bitter ist allerdings, dass neben Outsourcing auch sachgrundlose Befristungen zur Spaltung von Belegschaften benutzt werden und, dass das legal ist. Anfang des Jahres hat unser Chef begonnen, die Verträge von befristeten Gewerkschaftsmitgliedern nicht mehr zu verlängern. Ich würde das auch als Union Busting-Methode werten, allerdings handelt es sich bei Outsourcing und Befristungen nicht um Gesetzesverstöße, obwohl es meiner Meinung nach nur dazu dient, Belegschaften klein zu halten und zu spalten.

Am 8. März habt ihr auf der zentralen Frauen*streik-Aktion vor der Charité einen Redebeitrag gehalten. Hier habt ihr auch die sexistischen Ausmaße der Einschüchterung beschrieben. Was ist da genau passiert?

Wo soll ich da nur anfangen. Es gab ganz verschiedenes. Jahrelang ist der Leiter der Reinigung zu Schichtbeginn und Schichtende ohne zu klopfen in die Damenumkleide gekommen um „sich eine Bürste auszuleihen“. Die Umkleide der Frauen konnte man von innen nicht verschließen, d.h. es ist oft zu sehr unangenehmen Situationen gekommen. Die Kolleginnen aus der Reinigung haben ihm dann mal zu Weihnachten eine Bürste geschenkt, aber er ist weiterhin in ihre Umkleide gekommen. Als sich eine Kollegin nach Jahren dem Betriebsrat anvertraut hat, hat die Geschäftsleitung das Ganze heruntergespielt. Auch wenn das Ganze zeitlich sogar mit #meetoo zusammenfiel, hat er nur eine mündliche Verwarnung bekommen. Als wir ziemlich genau vor einem Jahr einen neuen Manager bekommen haben, hat er eine Kollegin aus der Reinigung auf Etage gemeinsam mit ihrem Abteilungsleiter, der Typ, der nicht klopfen kann, angeschrien und so unter Druck gesetzt, dass sie einen Nervenzusammenbruch bekommen hat. Außerdem hat er sein Büro mit Peniszeichnungen und einem Dildo dekoriert und Anfang März wurde er dabei beobachtet, wie er gemeinsam mit zwei Managern „Cunt“, „Cock Sucker“ und „Dick-Tation“ mit Sprühkreide vor das Hostel gesprüht hat.

Habt ihr von andern Belegschaften Solidarität erhalten?

Ja, es war wirklich sehr ermutigend, dass immer mehr Belegschaften nicht nur zu unseren Protesten gekommen sind, sondern wir uns auch zwischendurch gegenseitig ermutigt haben. Durch den Austausch haben wir gemerkt, dass eigentlich immer Outsourcing und Befristungen eine Rolle spielen. Deshalb haben wir mit Beschäftigten des Charité Facility Managements (CFM), des CPPZ, des Botanischen Garten, der BVG und verschiedenen Tochterfirmen der BVG, der Vivantes Service Gesellschaft und von verschiedenen Unis eine Initiative gegen Outsourcing und Befristungen gestartet. Solidarität haben wir aber auch noch von vielen Anderen erfahren wie z.B. Beschäftigten des Anne-Frank-Zentrums, der Berliner Bäderbetriebe, von Integral e.V. und sogar international von Las Kellys, Reinigungskräften aus Spanien, die auch gegen ihre prekären Arbeitsbedingungen aufstehen, und verschiedenen Zivilgesellschaftlichen Organisationen. Wir waren und sind echt immer wieder überwältigt!

Was kann man tun um sich mit euch zu solidarisieren?

Man zu unsrer Protest-Demo am 31.08.2019, dem Tag, an dem das Wombat‘s Berlin schließt kommen. Wir starten um 16.30 Uhr am Charitéplatz um uns mit den Beschäftigten des CFM zu solidarisieren, die seit 13 Jahren für Insourcing kämpfen und Richtung Wombat’s Hostel um für rechtliche Konsequenzen von sozialschädlichen Unternehmen und ein Vorkaufsrecht für Belegschaften bei Unternehmensschließungen zu protestieren.

#Titelbild: aktion.arbeitsunrecht
Nach einer Party im Hotel sollen Teile des Managements in der Nacht vom 2. auf den 3. März 2019 obzöne Bilder und Sprüche auf den Gehweg und die Alte Schönhauser Straße vor dem Hostel Wombat’s gesprüht haben.

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Beschäftigte des Wombat‘s City Hostel in Berlin gründeten 2015 gegen den erbitterten Widerstand des Managements einen Betriebsrat. 2018 erstreikte die gut organisierte Belegschaft dann sogar einen Tarifvertrag. Jetzt kämpft die Hotel-Belegschaft gegen die geplante Auslagerung des Reinigungsteams und gegen ein aggressives Management. Und dabei erfährt sie überraschend viel Solidarität. Denn Beschäftigte von Tochterfirmen und Subunternehmen der Berliner Verkehrsbetriebe, der Freien Universität und Charité fordern ebenfalls gleiches Geld für gleich Arbeit.

Zur Eröffnung der Internationalen Tourismusbörse (ITB) Anfang März 2019 prangten am Berliner Wombat´s City Hostel, mitten in der durchgetrifizierten Innenstadt, Sprühkreide-Schriftzüge auf dem Asphalt. „Fuck U Betriebsrat“, „Cunt“ und „Start Outsourcing“ war dort zu lesen. Das ganze verziert mit einem übergroßen männlichen Geschlechtsteil mit dem Anhängsel-“tation“. Das Wortspiel aus „Schwanz“ (engl. Dick) und „Diktator“ gibt einen offenherzigen Einblick in die Allmachtsfantasien der Hausmanager. Sie feierten just in der Nacht, als die Sprühereien entstanden, im Hostel den Abschied einer Management-Kollegin, die in ein neues Hostel der Kette nach Venedig wechseln soll.

Union Busting: geballte Unternehmer*innen-Agression

Die Behinderung von Betriebsratsarbeit und Bekämpfung von gewerkschaftlicher Organisierung (kurz: Union Busting) wird von Unternehmer*innen und ihren beratenden Jurist*innen oft mit hoher krimineller Energie geführt.

Der öffentliche Aussetzer am Wombat‘s springt allerdings aus dem Schema. Denn Union-Buster*innen versuchen eigentlich unter dem Radar der Öffentlichkeit zu arbeiten, indem sie einzelne Betriebsratsmitglieder in der Belegschaft diskreditieren und mittels Zermürbung, Kündigung oder Abfindung aus dem Gremium brechen.

Um das zu erreichen, lassen sich Unternehmen von spezialisierten Dienstleistern beraten. Zu den bekanntesten gehören Rechtsanwalt Helmut Naujoks und die Kanzlei Schreiner + Partner. Ihre Methode: Beschäftigte werden mit konstruierten Abmahnungen, Kündigungen, oft auch strafrechtlich relevanten Anzeigen überzogen. Dazu kommen willkürliche Lohnkürzungen, Schikanen, Verleumdungen und Mobbing. Im Wombat‘s lassen Hausmanager zum Schichtdienst von Betriebsratsmitgliedern gerne Sidos „Der Chef“ oder den gut abgehangenen Hit „Ich find Dich Scheiße“ von Tic Tac Toe laufen.

Auslagerung als Vergeltung für Streiks

Das Management des Berliner Wombat‘s City Hostels setzt auf Rechtsanwalt Tobias Grambow, Kanzlei Buse Heberer Fromm. Allerdings greifen die üblichen Methoden nicht wie erwartet. Statt dessen formiert sich Gegenwehr.

Die Betriebsratsmitglieder des Wombat´s haben längst verstanden, dass die konstruierten Vorwürfe vor Gericht regelmäßig in sich zusammen fallen und nur dazu dienen sollen, ihnen Stress zu verursachen. Doch statt sich wie Opfer zu verhalten, nahmen sie das Zepter selbst in die Hand.

Die geplante Auslagerung des Reinigungsteams werten sie als Vergeltungsmaßnahme für die Durchsetzung eines Tarifvertrags. Sie soll die Belegschaft spalten und den Betriebsrat schwächen. Die Ausgelagerten würden sofort wieder aus dem gerade erst erkämpften Tarifvertrag herausfallen

Startups und Klassenkonflikte

Vor 11 Jahren, im Februar 2008 öffnete das Berliner Wombat‘s Hostel. Die Ostberlinerin Margit G. war von Anfang an als Reinigungskraft dabei.

8 Euro Stundenlohn waren damals vereinbart. Einen schriftlichen Vertrag hat Margit erst Monate später bekommen. „Damals“, sagt sie, „wurde im Wombats vieles noch ganz locker gehandhabt. Es gab viele Parties, man konnte auch mal umsonst im Wombats schlafen. Aber was soll das bringen? Meine Miete kann ich nicht davon bezahlen, dass es Parties gibt.“

Lockerheit, das Kernversprechen von Start-Ups an ihr Personal, ist schon längst in Verruf gekommen. Legionen von Praktikant*innen, Volunteers und Freien haben begriffen, dass es bei Gehaltsverhandlungen eher unangenehm ist, den Chef zu duzen. Die ungeschönten Klassen-, Besitz- und Machtverhältnisse manifestieren sich eben immer genau dann, wenn es nicht um lockere Themen, sondern um handfeste Interessen geht.

Gestandene Frauen wie Margit, die in der DDR eine Ausbildung zur orthopädischen Schumacherin machte, kann man mit dem Anschein eines hippen Betriebsklima jedenfalls nicht aufs Kreuz legen. Sie hat sich von Anfang an über unbezahlte Arbeit beim Wombat´s geärgert. Während der Vorarbeiter gerne schon um 13.00 Uhr den Besen in die Ecke stellte und eher beim Kaffee auf der Terrasse zu finden war, haben die anderen fünf Reinigungskräfte sechs Etagen fertig gemacht. Und das ist bei rund 350 Betten verdammt viel Arbeit: auf jeder Etage gibt es 14 Zimmer, teils mit 2 oder 3 Stockbetten, die ab 14 Uhr entweder wieder sauber oder bezugsfertig für neue Gäste sein sollen. Dafür angesetzt ist die Zeit zwischen 10.00 Uhr 14.00 Uhr – pro Zimmer bleiben da gerade einmal 17 Minuten. Und das in einem Hotel-Segment, in dem junge Gäste gelegentlich über die Stränge schlagen.

Die Reinigungskräfte sind deshalb oft früher zur Arbeit gekommen, um schon einmal die Etagenwagen zu packen und sind regelmäßig unbezahlt länger geblieben.

Aber ohne Betriebsrat und auf sich alleine gestellt, hätte sie lieber nichts sagen wollen. Schließlich habe sie auch in der DDR schon die Erfahrung gemacht, wie schnell man alleine da steht, wenn Gegenwind aufkommt.

Für die Wombat´s-Gründer Alexander Dimitriewicz und Marcus Praschinger indes hat sich die Masche schon jetzt gelohnt: Sie sind Dank Beschäftigten wie Margit längst Millionäre und im Ruhestand. Lediglich der Kampf gegen den Berliner Betriebsrat ist als ihr „Special Project“ übrig geblieben.

Umkämpfte Betriebsratswahlen

Einer der Initiator*innen zur Betriebsratsgründung ist Raphael. Auch er ist im Wombat‘s vom ersten Tag an dabei. 2015 hatten er und weitere Kolleg*innen allerdings die Nase voll von unternehmerischen Willkürentscheidungen. Sie beschlossen die Gründung eines Betriebsrat, um verbindliche Regeln festzulegen. Das Management wurde sofort aktiv.

Die Reinigungskraft Margit erzählt von Einzelgesprächen. Die Hausmanager hätten Angst unter den Beschäftigten geschürt. Ein Betriebsrat sei teuer und würde ihre Arbeitsplätze gefährden. Mittlerweile ist Margit selbst Ersatzmitglied im Betriebsrat.

Betriebsvereinbarungen, zum Beispiel zu den Arbeitszeiten brachten den Reinigungskräfte handfeste Vorteile: Rüstzeiten, in denen sich umgezogen und der Wagen gepackt wird, gehören jetzt genauso zu den Arbeitszeiten wie die Duschzeiten nach dem anstrengenden Putz-Marathon auf den Etagen.

Gewerkschaftlich organisierte Mitarbeiter bekommen im Wombat‘s mehr Stundenlohn als die nicht-organisierten Kolleg*innen. Margit arbeitet 10 Jahre nach ihrem Einstieg jetzt wenigstens für mit 12,18 Euro Stundenlohn.

Manche Kollegin begreift allerdings gar nicht recht, dass die Lohnerhöhungen und bessere Arbeitszeiten dem Betriebsrat zu verdanken sind. So dankte eine der Reinigungskräfte mit Migrationshintergrund einem der Wombats-Gründer euphorisch für alle die Wohltaten und Verbesserungen, als dieser anlässlich der ITB im Berliner Haus eincheckte.

Fatale Auswirkungen

Mit der Auslagerung würden die Reinigungskräfte jedoch aus dem Tarifvertrag fallen, Betriebsvereinbarungen zu Arbeitszeiten wären ungültig. Die Reinigungskräfte würden auch den vollen Kündigungsschutz verlieren. Die EAK GmbH, ein Ableger der Münchener Gebäuderreinigungsfirma Thalhammer, die bisher keine Beschäftigten hat, wäre mit unter 10 Beschäftigten ein Kleinbetrieb. Thalhammer ist laut Auskunft der IG BAU am Stammsitz München nicht tarifgebunden.

Das Reinigungsteam würde auch aus der Zuständigkeit des Wombat‘s-Betriebsrats herausfallen. Niemand kann Margit und ihren Kolleg*innen garantieren, dass sie nicht auch an anderen Orten eingesetzt würden. Sie würden nach dem Tarifvertrag für Reinigungskräfte bezahlt, der oftmals unterlaufen wird, indem Zeitvorgaben für Flure, Etagen und Zimmer gemacht werden, die nicht einzuhalten sind.

Einsatz von Leiharbeiter*innen im Wombat’s

Eine weitere Zersplitterung der Belegschaft und ihrer Kampfkraft erfolgt durch den Einsatz von Leiharbeiter*innen der Firma Euroclean. Sie springen ein, wenn Engpässe entstehen, weil Verträge systematisch befristet sind und auslaufen. Den Leiharbeiter*innen verspricht das Management zum Teil Festanstellungen beim Sub-Unternehmen .

Auch aufgrund erheblicher Sprachbarrieren, in denen selbst Englisch als gemeinsamer Nenner fehlt, ist es schwer zu vermitteln, dass der Betriebsrats feste Einstellung für alle im Hostel Beschäftigen direkt beim Hostel-Betreiber selbst fordert.

Krebsgeschwür Auslagerung

Auslagerungen fallen in den Bereich unternehmerischer Willkürentscheidungen. Die „unternehmerische Freiheit“ darf neben dem Privateigentum als heilige Kuh der Bundesrepublik gelten. Kostensparend oder betriebswirtschaftlich sinnvoll ist das System des Sub- und Sub-Sub-Unternehmertums allerdings nicht.

Denn jedes Sub-Unternehmen leistet sich eine eigene Verwaltung und vor allem eine eigene Geschäftsführung, die von der Belegschaft durchgefüttert werden muss. Eigene Versicherungen müssen abgeschlossen, eigene Logos entworfen, Autos beschriftet, Räume gemietet werden. Für Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer und Berater*innen entsteht ein lukratives Feld hochbezahlter Dienstleistungen und Bullshit-Jobs .

Dafür entledigen sich Unternehmender Verantwortung für Beschäftigte und auch der Verantwortung für das Gelingen des Projekts. Es ist eine Grundprinzip der neoliberalen Wirtschaftsform nach McKinsey („Optimierung der Wertschöpfungskette“): Je mehr Sub-Unternehmen mitmischen, desto weniger ist letztlich feststellbar, wer für Fehler, Missmanagement und Katastrophen eigentlich verantwortlich ist. Zumal eine dringend erforderliche Kontrolle und straffes Projektmanagement mangels staatlicher Kapazitäten zumeist wegfallen. (1)

Kurzum: Auslagerungen werden nur dadurch profitabel, dass das Management den Arbeitsdruck erhöht und die Arbeitsbedingungen ständig verschlechtert.

Der nach Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) „beste Niedriglohnsektor Europas“ hat eine hochgradig sozialschädliche Wirkung. Nicht nur Belegschaften, auch die Gesellschaft wird durch Entsolidarisierung und Vereinzelung gespalten.

Berliner Solidarität gegen Auslagerung

Die widerständige Wombat´s-Belegschaft ist inzwischen gut vernetzt. Zu einer Protest-Aktion gegen Auslagerung am 19.03.19 riefen neben der Berliner Gruppe der aktion ./. arbeitsunrecht die DGB-Gewerkschaft Nahrung Genuss Gaststätten (NGG), der Gewerkschaftliche Aktionsausschuss (GA), die Basisgewerkschaftsgruppe ver.di aktiv berlin, die sozialistische Frauengruppe Brot und Rosen, die Hochschulgruppe organize:strike, die Berliner Aktion gegen Arbeitgeberunrecht (BAGA), Klasse gegen Klasse, Critical workers und die Landesarbeitsgemeinschaft Betrieb & Gewerkschaft der Partei Die Linke auf.

Andere Lohnabhängige solidarisierten sich vor dem Hintergrund ihrer eigenen Kämpfe: Der Botanischen Garten der Freien Universität Berlin (FU) lagerte das Reinigungsteam aus, als die Beschäftigten 2016 für einen Tarifvertrag kämpften. Hier, wie in anderen Einrichtung der Freien Universität Berlin putzt nun die Firma Gegenbauer.

Die Freie Universität Berlin hatte zuvor auch andere Beschäftigte des Botanischen Gartens in die eigene Betreibergesellschaft ZE BGBM ausgegliedert. Die Belegschaft konnte in einem jahrelangen Kampf zum 01.01.2018 die Wiedereingliederung durchsetzen. Aber immer noch arbeitet das Managment der Freien Universität mit Schikanen gegen den früheren Betriebsratsvorsitzenden der ZE BGBM Lukas S.

Die Berliner Verkehrsbetriebe BVG lagerten bereits im Jahr 2000 Fahrer in die Tochter Berlin Transport GmbH BT aus. Die Reinigungsteams arbeiten dagegen für die Gebäude- und Verkehrsmittelreinigung GVR GmbH & Co KG. Die Zeit berichtete 2018 über systematisches Lohndumping. Einen Betriebsrat gibt es in der GVR GmbH & Co KG nicht.

Viel Aufmerksamkeit erregte der Kampf von Beschäftigten, die das Charité-Management in das Konstrukt „Charité Facility Managment“ (CFM) auslagerte. Aktuell kämpfen Therapeuten des Charité Physiotherapie- und Präventionszentrum GmbH (CPPZ) um gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit. Sie verdienen monatlich zwischen 500,- und 800,- Euro weniger als die Kolleg*innen, die bei der Charité direkt angestellt sind.

Beschäftigte dieser und anderer Betriebe haben sich unter anderem über die Basisgruppe verdi aktiv und die Critical Workers vernetzt. Dazu sind die studentischen Beschäftigten der Berliner Hochschulen gestoßen, die im Januar 2019 endlich einen neuen Tarifvertrag unterschreiben konnten. Vorausgegangen waren 14 Jahre Stillstand ohne Lohnsteigerungen.

Die Wombat´s-Reinigungskraft Margit ist ihrerseits auch schon zu einer Solidaritäts-Veranstaltung für die Beschäftigten des Anne-Frank-Zentrums in Berlin gegangen. Die Beschäftigten dort fordern unbefristete Beschäftigungsverhältnisse und Bezahlung nach Tarifvertrag. „Das hat mir gut gefallen da“, sagt Margit. „Nicht nur wegen der Band und dem Kuchen. Das sind feine Menschen da. Irgendwie kultiviert. Auch die Unterstützer von den anderen Gruppen, die jetzt zu uns kommen. Die haben ein höheres Niveau als manche Führungskräfte beim Wombats.“

Es tut sich etwas in Berlin.

#Jessica Reisner ist Campaignerin bei aktion./.arbeitsunrecht.
#Die aktion ./. arbeitsunrecht bittet Unterstützer*innen der Wombats-Belegschaft eine Protest-Email an den Geschäftsführer
Mustafa Yalcinkaya der Münchner Firma Thalhammer/EKA GmbH zu senden. Die Petition gibt es auf deutsch und türkisch https://arbeitsunrecht.de/die-wombats-fordern_mustafa-bleib-in-bayern/
#Alle Fotos aktion./.arbeitsunrecht

Anmerkung

(1) Eines der bekanntesten Beispiele für die kaskadierende Verantwortungslosigkeit der „optimierten Wertschöpfungskette“ ist der Einsturz des Kölner Stadtarchivs am 3. 3. 2009 aufgrund von Tunnelgrabungen für eine Nord-Süd-U-Bahn. Alle 90 Personen [https://www.derwesten.de/panorama/90-verdaechtige-nach-einsturz-von-stadtarchiv-in-koeln-id8888863.html), gegen die die Staatsanwaltschaft ermittelte, konnten die Verantwortung nach unten durchreichen, bis im Dickicht der Sub-Unternehmen nicht mehr feststellbar war, wer den Bau hätte überwachen müssen. Am Ende des Unglücks mit zwei Toten, einem späteren Selbstmord und Massen an vernichtetem historischem Material des wertvollsten historischen Archivs nördlich der Alpen steht eine einzige Verteilung zu acht Monaten auf Bewährung.

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Ruth ist Mitte 30 und arbeitet seit 7 Jahren im Wombat‘s City Hostel. Zuerst ein Jahr in Wien und anschließend […]

Beschäftigte des Wombat‘s City Hostel in Berlin gründeten 2015 gegen den erbitterten Widerstand des Managements einen Betriebsrat. 2018 erstreikte die […]

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