Schließung des Wombat‘s City Hostel in Berlin: „Vom Management wird man entweder ignoriert oder angeschrien“

30. August 2019

Ruth ist Mitte 30 und arbeitet seit 7 Jahren im Wombat‘s City Hostel. Zuerst ein Jahr in Wien und anschließend in Berlin an der Rezeption. Vor viereinhalb Jahren hat sie den Betriebsrat mitgegründet. Seitdem ist sie auch Betriebsrätin.

Das Wombat‘s City Hostel schließt zum 31.8. Warum?

Zumindest vorerst schließt das Haus. Wir gehen davon aus, dass es – genau wie zum Beispiel damals der „Wintergarten“ in Schöneberg – irgendwann wieder eröffnet wird. Nur eben ohne uns Gewerkschaftsmitglieder.

Wie kam es zu der Schließung?

Wir haben 2015 als erstes Hostel in Deutschland einen Betriebsrat gegründet und anschließend sind die meisten von uns Beschäftigten Gewerkschaftsmitglieder geworden und haben für einen Tariflohn gestreikt. Als Betriebsrat sind wir von der Geschäftsleitung in Wien und auch dem Management vor Ort in Berlin von Beginn an bekämpft worden. Das erste Wombat‘s Hostel wurde 1999 in Wien eröffnet und von da bis zur Betriebsratsgründung konnten die Besitzer Alexander Dimitriewicz und Marcus Praschinger alle, die ihnen nicht passten einfach so feuern. Meine Vermutung ist, dass es ihnen deutlich gegen den Strich gegangen ist, dass sie plötzlich die Beschäftigten in Berlin nicht mehr so einfach kündigen konnten, obwohl wir Einiges aufgedeckt haben, was nicht so gut lief und viele gute Dinge für die Belegschaft durchgesetzt haben, die sie eigentlich nicht tun wollten. Unsere Chefs haben viel Geld für juristische Beratung ausgegeben und sind uns trotz konstanter Zermürbungsversuche nicht los geworden. In dem offiziellen Aushang an die Belegschaft steht eindeutig, dass es dem Wombat‘s Berlin wirtschaftlich hervorragend geht, aber dass unsre Chefs „so“ nicht weitermachen wollen. Daraus geht für mich eindeutig hervor, dass das Haus geschlossen wird, weil sie keine Lust auf Mitbestimmung der Belegschaft und Einhaltung der Rechte von Arbeiter*innen haben.

Welche Methoden hat die Geschätsleitung konkret gegen euch angewendet?

Ich hab mal ein Buch über Union Busting-Methoden gelesen und wir haben eigentlich so gut wie alles durch – nur einen Privatdetektiv haben sie meines Wissens nicht auf uns angesetzt. Konkret bedeutet das: Das Management hat von Anfang an versucht, uns als Belegschaft zu spalten. Es wurden/werden immer noch Lügen über uns Gewerkschaftsmitglieder erzählt um uns zu diffamieren. Von einem Tag auf den anderen wurde den Gewerkschaftsmitgliedern gesagt, dass sie ihre Arbeit schlecht machen; wir haben haufenweise Abmahnungen mit Kündigungsandrohung aus an den Haaren herbeigezogenen Gründen bekommen; vom Management wird man entweder ignoriert, angeschrien oder sie spielen Lieder mit beleidigendem Inhalt, wenn man in ihr Büro kommt – also so Psycho-Spielchen, dass man sich super unwohl fühlt und dann von selbst geht. Die Reinigung wurde ausgegliedert und die Geschäftsleitung hat zugegeben, dass ihnen die Ausgliederung teurer kommt als interne Reinigung. Und der letzte Schritt, bevor sie bekannt gegeben haben, dass sie das Hostel schließen, war einfach ohne Grund Lohnbestandteile von besonders aktiven Gewerkschaftsmitgliedern einbehalten. Als wir trotzdem geblieben sind, begonnen haben, den fehlenden Lohn einzuklagen, so was dauert leider ca. 1 Jahr, weil die Gerichte so langsam sind, und begonnen haben, einen Soli-Darlehen zu organisieren, damit wir nicht deshalb einknicken müssen, haben sie wohl gemerkt, dass wir uns nicht zermürben lassen und uns weiterhin für eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen einsetzen werden. Bitter ist allerdings, dass neben Outsourcing auch sachgrundlose Befristungen zur Spaltung von Belegschaften benutzt werden und, dass das legal ist. Anfang des Jahres hat unser Chef begonnen, die Verträge von befristeten Gewerkschaftsmitgliedern nicht mehr zu verlängern. Ich würde das auch als Union Busting-Methode werten, allerdings handelt es sich bei Outsourcing und Befristungen nicht um Gesetzesverstöße, obwohl es meiner Meinung nach nur dazu dient, Belegschaften klein zu halten und zu spalten.

Am 8. März habt ihr auf der zentralen Frauen*streik-Aktion vor der Charité einen Redebeitrag gehalten. Hier habt ihr auch die sexistischen Ausmaße der Einschüchterung beschrieben. Was ist da genau passiert?

Wo soll ich da nur anfangen. Es gab ganz verschiedenes. Jahrelang ist der Leiter der Reinigung zu Schichtbeginn und Schichtende ohne zu klopfen in die Damenumkleide gekommen um „sich eine Bürste auszuleihen“. Die Umkleide der Frauen konnte man von innen nicht verschließen, d.h. es ist oft zu sehr unangenehmen Situationen gekommen. Die Kolleginnen aus der Reinigung haben ihm dann mal zu Weihnachten eine Bürste geschenkt, aber er ist weiterhin in ihre Umkleide gekommen. Als sich eine Kollegin nach Jahren dem Betriebsrat anvertraut hat, hat die Geschäftsleitung das Ganze heruntergespielt. Auch wenn das Ganze zeitlich sogar mit #meetoo zusammenfiel, hat er nur eine mündliche Verwarnung bekommen. Als wir ziemlich genau vor einem Jahr einen neuen Manager bekommen haben, hat er eine Kollegin aus der Reinigung auf Etage gemeinsam mit ihrem Abteilungsleiter, der Typ, der nicht klopfen kann, angeschrien und so unter Druck gesetzt, dass sie einen Nervenzusammenbruch bekommen hat. Außerdem hat er sein Büro mit Peniszeichnungen und einem Dildo dekoriert und Anfang März wurde er dabei beobachtet, wie er gemeinsam mit zwei Managern „Cunt“, „Cock Sucker“ und „Dick-Tation“ mit Sprühkreide vor das Hostel gesprüht hat.

Habt ihr von andern Belegschaften Solidarität erhalten?

Ja, es war wirklich sehr ermutigend, dass immer mehr Belegschaften nicht nur zu unseren Protesten gekommen sind, sondern wir uns auch zwischendurch gegenseitig ermutigt haben. Durch den Austausch haben wir gemerkt, dass eigentlich immer Outsourcing und Befristungen eine Rolle spielen. Deshalb haben wir mit Beschäftigten des Charité Facility Managements (CFM), des CPPZ, des Botanischen Garten, der BVG und verschiedenen Tochterfirmen der BVG, der Vivantes Service Gesellschaft und von verschiedenen Unis eine Initiative gegen Outsourcing und Befristungen gestartet. Solidarität haben wir aber auch noch von vielen Anderen erfahren wie z.B. Beschäftigten des Anne-Frank-Zentrums, der Berliner Bäderbetriebe, von Integral e.V. und sogar international von Las Kellys, Reinigungskräften aus Spanien, die auch gegen ihre prekären Arbeitsbedingungen aufstehen, und verschiedenen Zivilgesellschaftlichen Organisationen. Wir waren und sind echt immer wieder überwältigt!

Was kann man tun um sich mit euch zu solidarisieren?

Man zu unsrer Protest-Demo am 31.08.2019, dem Tag, an dem das Wombat‘s Berlin schließt kommen. Wir starten um 16.30 Uhr am Charitéplatz um uns mit den Beschäftigten des CFM zu solidarisieren, die seit 13 Jahren für Insourcing kämpfen und Richtung Wombat’s Hostel um für rechtliche Konsequenzen von sozialschädlichen Unternehmen und ein Vorkaufsrecht für Belegschaften bei Unternehmensschließungen zu protestieren.

#Titelbild: aktion.arbeitsunrecht
Nach einer Party im Hotel sollen Teile des Managements in der Nacht vom 2. auf den 3. März 2019 obzöne Bilder und Sprüche auf den Gehweg und die Alte Schönhauser Straße vor dem Hostel Wombat’s gesprüht haben.

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