Serienkritik: Wider das »klassische« Mutterbild

4. März 2019


Die kanadische Serie »Working Mom‘s« versucht sich an einem etwas anderen Portrait berufstätiger Frauen.

Der Erstausstrahlung von „Working Moms“ im Januar 2017 folgten bis jetzt zwei Staffeln. Seit Januar diesen Jahres ist nun die dritte Staffel in Canada angelaufen, in Deutschland ist die erste über Netflix zu sehen. In halbstündigen Folgen begleitet man vier Frauen, die sich in einer Mutter-Kind Gruppe regelmäßig zu ihrem Leben und ihren Sorgen austauschen. Alle haben in den letzten Monaten ein Kind zu Welt gebracht, sind wieder berufstätig und jonglieren ihr Mutterdasein mit dem Alltag im Job, Beziehungsproblemen und ihren eigenen Bedürfnissen als Frau.

Die Charaktere sind recht junge, schlanke, urbane Frauen der Mittelschicht. Vor allem ihre flachen, straffen Bäuche fallen schon in der Pilotfolge auf: in der allerersten Szene sieht man, wie drei der Freundinnen über die Straffheit ihrer Brüste nach dem Stillen diskutieren. Dabei schauen sie alle hinunter auf die eigenen Brüste. In einem Zoom-Out wird deutlich, dass sich die drei in der Mutter-Kind-Gruppe befinden und vor etwas verdutzten und überforderten Müttern samt Babys oben ohne über die Veränderungen an ihrem Körper reden. Merkwürdig ist, dass es kaum so wirkt, als ob eine der Schauspielerinnen in den letzten Monaten ein Kind zur Welt gebracht hätte. Solche Szenen werden vor allem tatsächliche frische Mütter ärgern und schaffen auch Druck, besonders schnell nach der Geburt eines Kindes wieder einen flachen Bauch und generell einen schlanken Körper zu haben. Hier wären dickere Bäuche mit Dellen und Schwangerschaftsstreifen realistischer und auch ein feministisches Statement gegen den Normierungswahn für Frauen gewesen.

Die Serienmachende versuchen trotzdem inklusivere Charaktere zu schaffen, mit denen sich mehr Frauen der kapitalistischen Metropolen identifizieren können: Die Immobilienmaklerin Frankie (Juno Rinaldi) leidet an postnataler Depression und wälzt viele ihrer Aufgaben auf ihre Partnerin Giselle (Oluniké Adeliyi) ab; IT-Spezialistin Jenny (Jessalyn Wanlim) findet ihren Ehemann, der zu hause bleibt und deren Tochter versorgt, überhaupt nicht mehr attraktiv; die Psychologin Anne (Dani Kind) ist kurz nach der Geburt ihrer zweiten Tochter ungeplant wieder schwanger und diskutiert mit ihrem Mann die Möglichkeit einer Abtreibung; und die Top-Marketing Agentin Kate (Catherine Reitman) kann sich noch nicht daran gewöhnen, dass ihr kleiner Sohn nun mehr Zeit mit der philippinischem Kinderbetreuerin verbringt als mit ihr. Von den vier Hauptdarstellerinnen ist nur eine nicht-weiß, wobei dies erfrischenderweise nicht explizit thematisiert wird.

Die Serie ist zwar als Drama eingestuft, sie enthält aber viele Elemente aus dem Comedy-Genre. Dies macht die vier Freundinnen – trotz ihres anstrengenden privilegierten Lebensstils – irgendwie sympathisch. Man entwickelt eine Art Zuneigung und Verständnis für die Bedrängnisse, in denen sie als arbeitende Mütter gesteckt werden: ob beim Milchpumpen auf dem Betriebsklo oder bei ihrem Bedürfnis auch mal ausgehen und Alkohol trinken zu können, ohne gleich ein schlechtes Gewissen eingeredet zu bekommen. Mit Witz nähert man sich allen Charakteren in ihren verdrehten Facetten. Trotzdem sind die Klassenelemente hervorstechend: Keine von ihnen muss mehr als einen Job machen um zu überleben oder ist von irgendwelchen existenziellen Problemen betroffen. Von Frauen die unter ihnen stehen – wie der Tagesbetreuung für Kates Sohn oder ihrer Assistentin-, erfährt man kaum etwas. Am Anfang kann man vielleicht noch drüber hinweg sehen – auf lange Zeit nervt das jedoch.

Trotzdem ist es erfrischend auch mal Frauen mit Babys auf dem Arm in Mainstream-Produktionen fluchen oder offen über Sex, Lust, Langzeitbeziehungen und Muttersein sprechen zu hören. Keine der vier entspricht einem »klassischem« Mutterbild und allein das macht die Serie sehenswert.

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