Merz muss weg!

30. Oktober 2018

Deutschland sucht den Merkel-Nachfolger: Rechte Presse und Deutsche Industrie haben ihren Lieblingskanzler in spe schon gefunden

Die Nachricht über Angela Merkels Rückzug auf Raten war noch keine Stunde alt, da brachte die Bild schon einen aus Sicht des Springer-Imperiums genehmen Nachfolger ins Spiel. Friedrich Merz heißt der Mann. Und in der Tat steht er für den Markenkern der Partei Adenauers: Strammer Konservativismus, transatlantische Kriegstreiberei und enge Verbundenheit mit dem Großkapital.

Seit März 2016 residiert Merz im Frankfurter Opernturm, als Aufsichtsratschef der deutschen Sektion des berühmt-berüchtigten Finanzkonzerns „Blackrock“. Die Schattenbank ist bekannt dafür, auch nach politischem Einfluss zu streben, gilt als einer der größten Profiteure der Umverteilung von Vermögen von unten nach oben im Zuge der Finanzkrise. Dabei hatte Blackrock-Chef Larry Fink die Verbriefung von Hypotheken, die mit zum Ausbruch der Krise beitrug, quasi mit erfunden. Blackrock macht Geld mit so ziemlich allem, was man sich vorstellen kann, ist an zahllosen Konzernen und Banken beteiligt. Friedrich Merz ist eine Gestalt, die genau das widerspiegelt. Ein Typ, der nur eine Botschaft hat: Eure Armut kotzt mich an. Einer, der für den Erfolg und die Macht über Leichen geht. Merz ist eine Art Mister Burns mit CDU-Parteibuch.

Steht der Wunschkandidat des Bundesverbandes der Deutschen Industrie zum einen für einen Kurs strikt im Dienste des großen Kapitals, ist er zum anderen passionierter Transatlantiker. In seiner Funktion als Vorsitzender des Think-Tanks „Atlantik-Brücke“ skizzierte er seine politische Vision im September 2016 während einer Tagung in der Schweiz. Man lebe „inmitten einer Zeitenwende, vielleicht sogar in einer Epochenwende“. Politsiche und ökonomische Zentren verschieben sich, Terrorismus sei eine immense Bedrohung. Merz will als Antwort die neoliberale Schocktherapie, kombiniert mit rechtem Autoritarismus: Das Freihandelsabkommen TTIP findet er dufte, die Durchsetzung von „Wettbewerbsfähigkeit“ – vulgo: besseren Ausbeutungsbedingungen – in Europa sei zentral. Wichtigste Partner seien die USA. Die haben solchen Wumms, da kommt er ins Schwärmen und die im Redefluss feucht gewordene Unterlippe glänzt im künstlichen Licht: Die Vereinigten Staaten seien die „einzige verbliebene Weltmacht, die in der Lage ist, an jedem Ort der Welt mit militärischer Präsenz eine Sicherheitsgarantie auszusprechen“. Europa müsse „die Klugheit aufbringen zusammen mit Amerika die Welt im 21. Jahrhundert zu gestalten“.

Wegen den fiesen Terroristen bedeutete diese „Gestaltung“ auch die Schaffung eines „System integrierter Sicherheit“, in dessen Zusammenhang man auch über den „Einsatz bewaffneter Streitkräfte im Dienste der inneren Sicherheit“ reden müsse. Und klar: Die Außengrenzen müssen, das habe die „Flüchtlingskrise“ gezeigt, „wirksam geschützt werden“.

Die Kombination von Wertkonservativismus, Autoritarismus und neoliberaler Wirtschaftspolitik, für die Merz steht, lässt ihn wie eine eloquentere Softcore-Variante des kürzlich gewählten brasilianischen Faschisten Jair Bolsonaro erscheinen. Und genau auf einen solchen hofft man in Deutschlands einflussreichster rechtspopulistischer Schaltstelle, dem Axel-Springer-Haus. „Jetzt kommt zurück, AfD-Wähler“, titelt die Redaktion und verspricht den Abtrünnigen: Wenn nun die Nachfolge Merkels kommt, wird die CDU so rechts, dass ihr rechts davon nichts mehr braucht. Auch Bild, rühmt sich das Blatt, habe ja immer wieder Merkels Flüchtlingspolitik kritisiert. Jetzt aber hoffe man „mit einer neuen Führung“ werde das Thema nicht mehr der AfD überlassen.

Die recht frühe Stimmungsmache für Merz ist kein Zufall: Bild ist neoliberal, sozialchauvinistisch und transatlantisch bis über beide Ohren. Ganz wie Blackrocks Mr. Burns. Dass letzterer zudem als „starker Mann“ mit Faible für Inlandseinsätze des Militärs und Grenzsicherung ein paar nach noch weiter rechts abgewanderte Wähler wieder ins Boot holen könnte, ist die Hoffnung sowohl des deutschen Kapitals wie auch der Springer-Redaktion.

Angela Merkel war neoliberal, armen- und flüchtlingsfeindlich. Normal. CDU-Spitze eben. Dennoch gelang es der gesellschaftlichen Linken nicht, zu vermitteln, dass es sich bei ihr um eine rechte Kanzlerin handelte. Der Slogan „Merkel muss weg“ wurde sinnwidrig von rechts geklaut, nie zurückerobert und ließ in Teilen der Bevölkerung den absurden Beigeschmack zurück, die Kanzlerin sei irgendwie „links“. Das kann mit Merz nicht passieren. Er verkörpert, was die CDU ist, in Reinform. Ob er es tatsächlich wird, ist zwar äußerst fraglich – auch wenn einflussreiche Lobby-Verbände für ihn mobil machen. Denn dass man mit einem andauernd urlaubsbraun bis solariumsorange getönten Finanzzombie kaum Wahlen gewinnt, weiß auch die CDU. Dennoch wir sollten früh anfangen, die Losung auszugeben: Merz muss weg!

# Von Peter Schaber[sg_popup id=“1″ event=“onload“][/sg_popup]

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Ein Kommentar über “Merz muss weg!”

    Timo Karff 7. November 2018 - 2:35

    Ich stimme zu! Merz muss weg!