Wenn ehemalige Linke Neue Rechte werden

20. Dezember 2016

*Anmerkung der LCM-Redaktion: Der Veranstaltungsmitschnitt wurde veröffentlicht und kann hier nachvollzogen/nachgehört werden. Die veranstaltende Gruppe forderte uns auf, falsche Zitate richtigzustellen, dem kommen wir hiermit nach:  Der ,,Stinkende Schnauzbartträger“ fiel nicht (wurde im Text redigiert**), allerdings andere rassistische und antimuslimische Zuschreibungen wie ,,Kopftuchfrauen, ,,Bartträger“ und ,,Stinkiger Bartträger“, sowie ,,Freundlicher Schnauzbartträger von nebenan“. (s. veröffentlichter Vortrag). Einzelne Thesen des Textes (z.B. die These dass der Referent eine versimplifizierte Analyse der Türkei hat und die Ausführungen zu den Kurden) sind polemische Zuspitzungen aus ambivalenten Aussagen zum Thema Kurdenfrage und Analyse des Erdogan Regimes. Seine Urteile fallen mal komplexer, mal undifferenziert aus. So bezieht sich der Referent positiv auf die HDP, lehnt aber die PKK ab. Er erwähnt die Unterdrückung der Kurden, betont aber auch deren Vereinnahmungen durch den türkischen Staat und die Tatsache, dass diese mehrheitlich Sunniten sind. Hier kann noch am ehesten von einer bösartigen Zuspitzung gesprochen werden. In der Analyse verortet der Referent das Regime Erdogans mal im historischen Kontext des türkischen Staats (Kemalismus/Laizismus), mal im Kontext des Islams per se. Differenzierte und undifferenzierte Aussagen kommen gleichermaßen vor. Polemische Zuspitzungen von  undifferenzierten Aussagen sind zulässig und Teil einer Auseinandersetzungskultur. Der Artikel bleibt daher als zweitveröffentlichung und Gastbeitrag mit dieser Anmerkung stehen, da er den Sinngehalt der übergroßen Mehrheit der getätigten Aussagen widergibt.

Wir veröffentlichen hiermit diesen uns zugespielten Gastbeitrag der Initiative ,,Kommandoaktion gegen AfD-Uboote an der Uni Frankfurt“. Warum wir das tun? Weil es anscheinend notwendig ist, darauf zu verweisen, welcher üble Rassismus in Teilen der Linken unter dem Deckmantel vermeintlicher ,,Islamkritik“ Toleranz findet, wenn eine solche Veranstaltung unwidersprochen in einem Linken Raum stattfinden kann und ein linker ASTA nichts daran findet. Wer einen tatsächlichen, linken und nicht-rassistischen Versuch der kritischen Auseinandersetzung mit dem Themenkomplex Islam/Islamismus sucht, sei auf den bei uns veröffentlichten Artikel eines Frankfurter Genossen verwiesen.

– Eine Intervention zur falschen Toleranz gegenüber einem sich ,,emanzipatorisch“ gebenden Rassismus am Beispiel Frankfurts

Der zusammenfassende, wie bezeichnende Satz der Veranstaltung fiel sehr nah am Ende der Veranstaltung: „Ich bin islamfeindlich“. Wer glaubt der Satz würde von Stefan Jagsch, dem örtlichen Kader der NPD oder Heidi Mund, der Hauptorganisatorin von PEGIDA Frankfurt, gesagt, täuscht sich; der Satz stammt von Justus Wertmüller (Ex-K-Grüppler, Ex-Linker und Chefredakteur der Zeitung Bahamas), und wurde im Café KoZ, seines Zeichens das mit dem AStA der Universität Frankfurt verbundene emanzipatorische Cafe-Kollektiv, ausgesprochen. Dieser Satz markierte das (vorläufige) Ende der Veranstaltungsreihe Feindanalysen. Zur islamistischen Gewalt der Gruppe Thunder in Paradise mit insgesamt vier Veranstaltungen in besagtem Cafe KoZ. Laut Veranstaltern soll die Veranstaltungsreihe eine Fortsetzung erfahren, womöglich auch im Cafe KoZ? Tatsächlich war die Veranstaltung nicht mehr oder weniger als ein AfD-U-Boot, zukünftige Veranstaltungen sollten deshalb entsprechend beantwortet werden.

,,Stinkender Schnauzbartträger'' und ,,Kopftuchfrauen?''. Nein, das war keine FPÖ-/NPD-/AfD-Veranstaltung.

,,Stinkiger Bartträger“ und ,,Kopftuchfrauen?“. Nein, das war keine FPÖ-/NPD-/AfD-Veranstaltung.

Die ganze besagte Veranstaltung lang nämlich jonglierte Justus Wertmüller unwidersprochen mit rassistischen Stereotypen ,,der Türken“ als vermeintlich homogenem Volk (wahlweise auch ,,freundlicher Schnauzbartträger“** von nebenan oder ,,Kopftuchfrauen“). Für Wertmüller existiert, auch das wurde im weiteren Verlauf des Vortrags klar, kein Unterschied zwischen Islam und Islamismus, sowie Islamismus und Faschismus. Nicht nur werden hier unterschiedslos Dinge durcheinander geworfen, die in vollkommen unterschiedlichen gesellschaftlichen und historischen Kontexten entstanden und verortet sind [1], es wird auch eine ganze Religion, die weltweit über 1,6 Milliarden Anhänger hat und über mehrere Kontinente in unterschiedlichsten sozio-kulturellen Kontexten praktiziert wird unzulässig homogenisiert [2]. Deren Anhänger damit zu Anhängern des Faschismus (v)erklärt. So ist es auch wenig verwunderlich, dass er schon in seiner Einleitung ganz im Wortlaut von PEGIDA von einer vermeintlichen ,,Islamisierung der deutschen Politik“ schwadroniert und damit unterschiedslos vor allem die türkische Community in Deutschland meint. Wertmüller ließ es sich auch nicht nehmen mit Nachdruck das Kopftuchverbot in Deutschland zu fordern, denn dieses sei ein ,,faschistisches Symbol“ (sic!) das von muslimischen Frauen, deren Hobby es sei, ,,ihre eigenen Töchter zu unterdrücken“, zur Auslebung eben dieses Hobbys getragen werde. Wie stellt sich ein solcher Mensch eigentlich eine weltweite, solidarische und internationalistische Emanzipation vor, wenn diese nahezu 2 Milliarden Menschen per se ausschließt? Mit einer solidarischen und internationalistischen Perspektive, z.B. mit den dort um Freiheit kämpfenden Linken hat das jedenfalls nichts zu tun. [3]

Erdogan steht nicht in der selben Tradition wie der IS oder der Iran - Sein Modell ist kein Gottesstaat, sondern eine religiös und nationalistisch legitimierte Autokratie

Erdogan steht nicht in der selben Tradition wie der IS oder der Iran – Sein Modell ist kein Gottesstaat, sondern eine religiös und nationalistisch legitimierte Autokratie

Ahnungslos stellt Wertmüller im Bezug zur Türkei fest – das eigentliche Thema sollte, wie sich bereits zu Anfang gezeigt hat, der Islam sein – dass dort der ,,Islamismus staatlich geworden“ sei. Dass der türkische Staat Islamisten aus machtpolitischen Gründen unterstützt, damit diese z.B. die Kurden bekämpfen, ist sicherlich kein allzu großes Geheimnis [4] und auch, dass Erdogans AKP die türkische Sektion der islamistischen Muslimbruderschaft ist, d.h. der politische Islam eine Rolle in der Politik spielt. Interessanterweise pointieren allerdings die meisten linken Experten zum Thema heraus, dass das Erdogan-Regime eben nicht rein islamistisch ist im Sinne der Errichtung eines Gottestaates [5], sondern in der Kontinuität der Ideologie der sogenannten Türkisch-Islamischen-Synthese [6] steht, die Einflüsse des Neoliberalismus, des politischen Islam und des türkischen Nationalismus verbindet und von den ursprünglich laizistischen Kemalisten (!) als Legitimationsideologie entwickelt wurde. Trotz des sich zunehmend zur Diktatur wandelnden Erdogan-Regimes [7] und dessen reaktionären Reformen würde jedenfalls nur ein vollkommen realitätsferner Verrückter davon sprechen, dass das derzeitige politische System in der Türkei sich im besonderen durch den Islamismus definiert, vergleichbar etwa mit einem de facto Gottesstaat wie Saudi Arabien, dem Iran, Afghanistan unter den Taliban oder gar dem IS – Regimen, in denen tatsächlich ausschließlich eine Spielart des fundamentalistischen politischen Islam herrschte und herrscht und in denen Nationalismus eine untergeordnete oder gar keine Rolle spielt. Aber: Graduelle Abstufungen und differenzierte Analysen sind eben nicht Wertmüllers Ding.

Das ,,Angebot'' des türkischen Staates an die Kurden lautete immer: Assimilation oder brutale Unterwerfung - wie jetzt in Nusaybin

Das ,,Angebot“ des türkischen Staates an die Kurden lautete immer: Assimilation oder brutale Unterwerfung – wie jetzt in Nusaybin

Weiter: Doch gerade die kurdische Minderheit, die am vehementesten eben den Diktaturambitionen Erdogans widerspricht und sich für eine demokratische, geschlechterbefreite Gesellschaft und friedliche Koexistenz der Religionen im Nahen Osten einsetzt, gehört laut Wertmüller angeblich nicht in eine Reihe mit anderen Verfolgten in der Türkei, da der türkische Staat ihnen immer noch Angebote (sic!) machen würde, sich in das türkische Volk einzugliedern. Dass eben genau diese ,,Angebote“ des türkischen Staates gegenüber Minderheiten in der Vergangenheit und Gegenwart Genozide, Massaker, Verbot von Religionsausübung, Sprache und Kultur im Rahmen brutaler Assimilierungsprozesse und im Namen der Nation meinte, erwähnt er in seiner Unkenntnis natürlich nicht. Aber hey, die Kurden könnten doch auch einfach den Bergtürken machen, ganz nach dem rassistischen, wie nationalistischen Imperativ des Türkischen Staats Wie glücklich ist derjenige, der sagen kann, ich bin Türke. Hier Kritik an der Türkei, wenn es um die Kurden geht aber einen radikal-kemalistischen [8] Standpunkt – ein Widerspruch?

Nein, kein Problem: Denn im Grunde geht es Wertmüller gar nicht darum, eine fundierte Analyse der Türkei auszuarbeiten, sondern jedes emanzipatorische Potential außerhalb Europas (und Nordamerikas) zu negieren: In der Türkei, die laut Wertmüller das schlimmste antisemitische Land überhaupt sei, seien Verschwörungstheorien die „nicht nur von Kopftuchfrauen und Bartträgern sondern auch von Linken“ geglaubt werden Gang und Gäbe. Überhaupt sei ja besonders die Linke in Türkei Mitschuld an der aktuellen Situation, da diese ja immer nur gefordert habe dem Islamismus durch die Bekämpfung der Gülen-Bewegung entgegenzutreten und das AKP-Regime angeblich nach der Logik „nur der verborgene Islam sei gefährlich“ ausgespart habe. Angesichts der Tatsache, dass die gesamte Linke im Gezi-Aufstand 2013 für Monate auf den Straßen gegen das AKP-Regime ging, brauchen wir diese unqualifizierte Aussage nicht weiter zu kommentieren.

Cayan, Gezmis, Kaypakaya - Ihre Gemeinsamkeit: Alle drei starben im revolutionären Widerstand gegen den türkischen Faschismus.

Cayan, Gezmis, Kaypakaya – Ihre Gemeinsamkeit: Alle drei starben im revolutionären Widerstand gegen den türkischen Faschismus.

Doch weiter: Überhaupt wären die Linken in der Türkei das Erbe „brutaler blutiger Antisemiten“ angetreten die sich in der Vergangenheit im Kampf gegen die Faschisten an ,,NS-Methoden“ bedient hätten. Für solche Aussagen braucht der selbst ernannte Türkei-Experte Justus Wertmüller natürlich keine Studien oder anderweitige Belege. Nun ist es tatsächlich so, dass sich insbesondere die Rechte in der Türkei und das AKP-Regime verschwörungstheoretischer und antisemitischer Erklärungsmuster bedienen, von der türkischen Linken und ihrer enormen Vielfältigkeit nach ’68 hat dieser Mann hingegen überhaupt keinen blassen Schimmer – auch hier Homogenisierung auf Bild-Zeitungsniveau [9]. Dabei leugnet niemand, dass auch Linke in der Türkei rassistisch, antisemitisch oder sexistisch sein können oder das in der Vergangenheit waren, doch den Nachweis, dass das eine durchgängige Grundhaltung ist, bleibt Wertmüller ebenso schuldig, wie Respekt für den Kampf um politische Freiheit und Emanzipation in der Türkei, den diese von ihm so denunzierte türkische Linke unter enormen Opfern und Leiden seit über einem Jahrhundert gegen einen potentiell immer wieder zum Faschismus tendierenden türkischen Staat führt. [10] So kommt Wertmüller in reinster kolonialer Manier zu dem Schluss, dass von ,,den Türken kein Fortschritt zu erwarten“ sei, denn „Fortschritt kann nur westlich sein“.

Wer glaubt dieser ganze Rassismus und pseudo-analytische Unsinn wäre nicht zu erwarten gewesen, der irrt: Schon in den Ankündigungstexten der vorherigen Veranstaltungen finden sich Rassismus und Verharmlosungen des deutschen Faschismus.

„Während der Nationalsozialismus als im doppelten Wortsinn der Zivilisation ent-sprungener aus seinem Vernichtungswerk noch ein Geheimnis zu machen suchte und zu dessen Verrichtung nur am Rande Sadisten zum Einsatz brachte, kann beim islamischen Herrenmenschen von barbarischer Regression nicht die Rede sein, weil der Orient von einem Zivilisationsprozess im Sinne Elias‘ völlig unberührt blieb. (…) . Zeugte die Ausrede des darum nicht minder falschen historischen Appeasements, man habe sich das Ausmaß des Grauens einfach nicht vorstellen können, wenigstens noch von so etwas wie naiver Zivilisationsgläubigkeit, scheint das heutige Appeasement Ausdruck von Zivilisationsmüdigkeit zu sein.“ (Quelle: facebook.com/events/191454034616343/)

Kautsky statt Adorno: Die kritische Theorie war angetreten die gesellschaftlichen Resultate bürgerlicher Aufklärung zu kritisieren, nicht sie zu affirmieren.

Kautsky statt Adorno: Die kritische Theorie war angetreten die gesellschaftlichen Resultate bürgerlicher Aufklärung zu kritisieren, nicht sie zu affirmieren.

Falsch rezipierter Adorno entschwurbelt für Dummies wie uns: Der Orient hat keine Zivilisation, deshalb kann er auch gar nicht aus der Zivilisation zurückfallen wie der deutsche Faschismus [11], deshalb ist der NS, der wenigstens noch der Zivilisation entsprungen ist, sogar noch über der islamischen Barbarei anzusiedeln. Weiter:

„Gäbe es nicht Trump, die AfD und den Front National, man müsste sie erfinden – um konsensfähige Feindbilder zu haben, die billiger zu bekämpfen sind als militante Islamisten, die ihre Siege nicht an den Wahlurnen, sondern mit Blutbädern erstreiten.“ (Quelle: http://facebook.com/events/554456934740799/)

Wer spätestens beim letzten Satz nicht endgültig wahlweise Kopfschmerzen hat oder einen Tobsuchtsanfall bekommt, der sollte sich ernsthaft nochmal überlegen, ob statt der radikalen Linken, nicht doch die AfD die Partei der Wahl ist. Das einzige Statement das im voraus zu dieser mehrere Wochen im voraus angekündigten Veranstaltung kam, wurde von einer sogenannten ,,Radikalfeministische Aktion des AStA FFM“ – wohl einer dissidenten, nicht vollkommen empathielosen Minderheit im derzeitigen AStA – veröffentlicht, die vollkommen zurecht Wertmüllers Antifeminismus und Sexismus angegriffen, der aber an diesem Abend nicht primär das Thema sein sollte. [12] Dass diese Veranstaltungsreihe einem angeblich diskriminierungsfreien Raum, wie das Café KoZ einer sein will, konträr gegenübersteht, liegt auf der Hand und muss nicht weiter ausgeführt werden. Den Verantwortlichen des (angeblichen Linken) AStA Frankfurt wurde nach der letzten Veranstaltung von der organisierenden Gruppe dafür gedankt, dass sie trotz Kritik die Veranstaltung haben stattfinden lassen (!). Angesichts dessen fordern wir vom derzeitigen AStA und dem Kollektiv des Cafe KOZ ein politisches Statement zu der Veranstaltungsreihe und bestehen darauf, dass es keine Folgeveranstaltungen geben wird. Wenn ein angeblich linker AStA mit solchen Aussagen kein Problem hat, dann leistet er aktiv Schützenhilfe für eine offensichtlich rassistische Agenda, die in inzwischen allen Punkten deckungsgleich ist mit Positionen der Neuen Rechten [13].

Eure

– Kommandoaktion gegen AfD-U-Boote an der Uni Frankfurt

Anmerkungen:

*Sämtliche Zitate sind im O-Ton übernommen worden und wurden während der Veranstaltung mitgeschrieben. Da die Veranstaltung aufgezeichnet wurde, sind die Ergüsse Wertmüllers vermutlich demnächst nachhörbar.

[1] Eine vollkommen richtige Kritik an der unterschiedslosen Verwischung von Begriffen, die bar jeder auch nur halbwegs marxistischen und kritischen Analyse ist, findet sich bei Jonas Fedders in der jungle World: http://jungle-world.com/artikel/2016/42/55021.html

[2] Aufschlussreich hier auch der Gastbeitrag eines Frankfurter Aktivisten im Lower Class Magazine, der die Begriffe analytisch aufbereitet und eine historische und materialistische Verortung leistet: http://lowerclassmag.com/2016/11/wer-vom-kapitalismus-nicht-reden-will-sollte-auch-vom-islam-ismus-schweigen/

[3] Es erübrigt sich im Grunde auf die zahllosen progressiven Organisationen und Bewegungen im Nahen und Mittleren Osten hinzuweisen. Zwei seien hier exemplarisch herauspointiert:

http://lowerclassmag.com/2015/10/stimmen-der-afghanischen-linken-i-wir-sind-ganz-oben-auf-der-abschussliste/ (Afghanistan),

http://lowerclassmag.com/2015/09/die-armen-sind-fuer-die-herrschenden-kriminelle/ (Ägypten)

[4] Von türkischen AktivistInnen beispielhaft dokumentiert: http://lowerclassmag.com/2016/06/widerstand-gegen-krieg-und-jihadismus-im-tuerkisch-syrischen-grenzgebiet/

[5] Das Konzept des Islamischen (Gottes-)Staats wurde vom schiitischen Geistlichen und Revolutionsführer Ayatollah Khomeini in seiner Schrift Hokumat-e eslami entwickelt und wurde interessanterweise später von der sunnitischen salafistisch-djihadistischen Bewegung als Modell übernommen und erweitert.

[6] Religion, wie Nationalismus dienen dem Erdogan-Regime als integrative Faktoren zur Herrschaftsstabilisierung, nicht jedoch als ideologischer Selbstzweck, wie dies bei Al-Qaida und ähnlichen Gruppen der Fall ist http://murat-cakir.blogspot.de/2015/10/turkischer-nationalismus-das-letzte.html

[7] Was im übrigen unter Einbezug der säkularen Kemalisten (CHP), der MHP passiert und mit massiver nationalistischer statt religiöser Mobilisierung einhergeht. http://www.rosalux.de/fileadmin/rls_uploads/pdfs/Standpunkte/Standpunkte_23-2016.pdf

[8] Mustafa Kemal – der Napoleon der Türkei, Modernisierer wie genozidaler Unterdrücker. Er schaffte das Sultanat ab und etablierte mit brutaler Gewalt bürgerliche Verhältnisse in der Türkei. Zugleich etablierte er ein diktatorisches Regime, das ideologisch auch Referenzen zum Faschismus aufzeigte und insbesondere Kommunisten blutig verfolgte – was ihm seinerzeit die Bewunderung Hitlers einbrachte. Der Kemalismus als Ideologie wird von radikal-rechten Strömungen wie der faschistischen Vatan Partisi heute ebenso Vertreten, wie von der nationalistischen CHP. Seine Nachfolger unterstützten Nazi-Deutschland und erlaubten die Gründung faschistischer Gruppen durch Nazi-Funktionäre in der Türkei. Hier liegt der Ursprung der völkischen Rechten in der Türkei, die heute von der faschistischen MHP repräsentiert wird.

[9] Ein linker Überblick über einige türkische Organisationen und zur Geschichte der türkischen Linken: https://www.nadir.org/nadir/periodika/widerstand/turksol2.htm . Seit Gezi hat sich die Vielzahl der Gruppen noch vervielfacht, so dass in der Türkei in Pre- und Post-Gezi-Linke unterschieden wird.

[10] Es ist nahezu unerträglich für jeden, der/die sich mit der Materie befasst hat, Wertmüllers Äußerungen zur türkischen Linken zu hören. Ein Einblick in den türkischen Faschismus und die massenhaften Folterungen und Ermordungen von türkischen Linken findet sich hier: http://www.mao-projekt.de/INT/AS/NO/Tuerkei_TiK/Tuerkei_im_Kampf_1981_06.shtml (Seite 2)

[11] Adorno/Horkheimer pointierten in der ,,Dialektik der Aufklärung“ gerade heraus, dass der Kapitalismus nicht nur eine ungeheure Produktivkraft freigesetzt hatte, sondern auch eine Destruktivkraft, die sich gegen die Menschen selbst wandte. Auf einer ideologiekritischen Ebene steht eben gerade jene Aufklärung, die bei Wertmüller verabsolutiert und in reinster kautskyanisch-orthodoxer Manier des frühen 20. Jhts. zur Voraussetzung für Emanzipation verklärt wird, bei Adorno/Horkheimer anhand des deutschen Faschismus und des Holocaust, der eben wegen und nicht trotz der Aufklärung möglich war, zur kritischen Disposition.

[12] https://de.indymedia.org/node/11062

[13] Folgerichtig erkannten das auch einige der noch nicht ganz auf den Kopf gefallenen neu rechten Intelektuellen: ,,Mein Prognose ist, dass im deutschen Sprachraum innerhalb der nächsten 5-6 Jahre die ersten Antifa-Demos gegen die Islamisierung entstehen könnten. Auslöser werden wohl antisemitische Übergriffe der „kulturellen Bereicherer“ und/oder antisemitische Ausfälle ihrer salafistischen Brüder sein. Eine israelsolidarische Antifa wird sich dann nicht um echte Reaktionen drücken können, bei der sie, zum ersten Mal in ihrem Leben, eine echte Front jenseits des „Gegen Rechts“-Dreiecks erleben. Das was sich dann um Blogs wie Lizas Welt, Zeitungen wie Bahamas und Denker wie Grigat und Werthmüller formieren wird, wird keine „Antifa“ im herkömmlichen Sinne, und damit eine Stütze des Status Quo sein, sondern der ernsthafte Krisenmodus einer radikalen Linken, die erkennt, dass mit dem Untergang der Völker Europas auch ihre Utopie des Kommunismus fürs Erste flöten geht.http://www.identitaere-generation.info/gemeint-sind-wir-alle/

 

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Ein Kommentar über “Wenn ehemalige Linke Neue Rechte werden”

    A.Wosni 12. Juni 2018 - 12:38

    Man sollte Phänomene wie Herrn Wertmüller nicht nur und schon gar nicht primär unter politischem Aspekt betrachten, sondern auch unter dem der Persönlichkeit. Herr Wertmüller schrieb z.B. in der „Konkret“ 9/97 einen Artikel unter dem Titel „Moses und die Hamas“, in dem er u.a. den damaligen jungeWelt-Auslandsredakteur Werner Pirker und den jW-Mitarbeiter Lothar A. Heinrich, beides erklärte Antizionisten, als Antisemiten entlarvte. Das Auffallendste an dieser „Entlarvung“ war, dass sie auf der Basis offensichtlicher Fälschung der Aussagen von Artikeln insbesondere LAH’s vonstatten ging. Eine von LAH eingereichte Richtigstellung wurde von „Konkret“ natürlich nicht veröffentlicht. Da nicht davon ausgegangen werden kann, dass der Herr Wertmüller funktionaler Analphabet ist und war und als solcher eben nicht in der Lage, sinnentnehmend zu lesen, bleibt nur der Schluss, dass es sich bei ihm um einen professionellen Lügner handelt