Der Flughafen Tempelhof wird zur „Notunterkunft“
„US Army Aviation“ steht groß auf den Toren der zum Flugfeld gerichteten Hangars des ehemaligen Berliner Flughafens Tempelhof. Hinter diesen Toren werden derzeit durch die Tamaja GmbH Hangars für Geflüchtete hergerichtet. Die ersten sind bereits am 25. Oktober eingezogen. Insgesamt sollen dort in Kürze in drei Hangars bis zu 2300 Menschen leben. Ausgerechnet das Logo der US-Luftwaffe, ein Emblem für die neoimperiale Zerstörung der halben Welt, empfängt die Geflüchteten an den Türen ihrer Unterkunft.
Auch zahlreiche Informationstafeln auf dem Gelände und auf dem Flugfeld preisen die US-Armee als Befreier und Zivilisationsgarant. Gerade dieser Prediger der „Zivilisation“ und Freiheit ist allerdings ganz erheblich zu verantworten für die Zerstörung der Häuser derjenigen, die nach lebensgefährlichen Reisen um die Grenzzäune der Festung Europa nun gezwungen sind, um Asyl zu bitten. Abgesehen von den freiwilligen Helfer_innen ist für die Ankommenden von der gepriesenen „Willkommenskultur“ wenig zu spüren. Sie werden in einem Lager untergebracht, wo sie sich auf engstem Raum zusammengedrängt ein Zelt oder eine kleine provisorische Kabine mit elf weiteren Personen teilen müssen. Als die ersten Menschen den Hangar 1 beziehen, befinden sich Soldat_innen auf dem Gelände, die weitere Doppelbetten und Zelte zusammenbauen. Was haben diese Menschen verbrochen, um in dieser gefängnisartigen Institution leben zu müssen?
Es ist nicht das erste Mal, dass auf dem Flughafengelände Lager entstehen. Im Dritten Reich gab es unweit des Hauptbaus ein Zwangsarbeiterlager. Dort wurden Menschen entlang biologisch begründeter Rassismen eingesperrt und zur Rüstungsproduktion gezwungen. Die heutige Situation ist jedoch anders. Während damals Menschen aus den durch die Nazis besetzten Gebieten gewaltsam in das Zwangsarbeiterlager gebracht wurden, würde sich der Staat die Geflüchteten, bis auf einige wenige, die er sich für den nationalisierten Arbeitsmarkt herauspickt, am liebsten vom Leibe halten. Grenzen in der EU werden verfassungswidrig wiederaufgebaut, im Mittelmeer wird militärisch gegen „Schlepper“ vorgegangen, schnell werden Staaten zu „sicheren Herkunftsländern“ erklärt, repressive Fluchtstaaten werden aufgerüstet und sogar mit Recep Tayyip Erdoğan traf sich Angela Merkel vor kurzem, um die letzten Reste „Werte“ zu verscherbeln, die die EU vielleicht noch hatte. Für die Betreiber_innen dagegen sind Flüchtlingslager eine lohnende Investition, die Geflüchteten produzieren quasi für sie durch ihre bloße Anwesenheit. Das Geschäft mit den Geflüchteten wurde in den bürgerlichen Medien mehrfach kritisiert. Letztendlich sind es aber nicht einfach die Betreiber_innen, die die Situation herbeigeführt haben, sie nutzen eher bestehende Freiräume. Doch wer oder was entscheidet dann darüber, wer in einem Haus wohnen darf und wer sich mit einer Pritsche in einem überfüllten Zelt zufrieden geben muss?
In neoliberalen Gesellschaften hängt der Wert des Lebens einerseits von seiner Verortung zwischen den gesellschaftlichen Konstrukten Rasse, Nation Geschlecht und Klasse ab, anderseits von seiner Funktion in kapitalistischen Zusammenhängen. Dabei entspringt die Wertung des Lebens nicht der_m Einzelnen an sich, sondern sozialen Geflechten, die die Grenzen des Individuums überschreiten. Auffassungen wie Rassismus und Islamophobie denkt man sich nicht einfach aus, es wird auf Bestehendes zurückgegriffen. Die Wertung des Lebens erfolgt aus diesen sozialen Wahrnehmungsstrukturen. Mit der Philosophin Judith Butler lassen sich diese als die „Rahmen“ der Wahrnehmung beschreiben. In ihrem Buch „Frames of War“ fragt sie nach der Produktion der Scheidelinie zwischen grievable live (betrauerbares Leben, zum Beispiel die Opfer des 11. September) und ungrievable life (nicht betrauerbares Leben, zum Beispiel die Opfer des Irakkriegs), die dem US-imperialistischen Krieg gegen den Terror zu Grunde liegt.1 Die Trennung zwischen grievable und ungrievable life strukturiert die Wahrnehmung des der Gemeinschaft zugehörigen Subjekts. Wahrnehmung ist keine Fähigkeit des autonomen Subjekts, sondern Effekt sozialer, normativer Rahmungen. Butler zu Folge überschreibt diese Trennung die Gemeinsamkeit des Lebens, seine grundsätzliche Bedingung – Precariousness (Prekärsein). Von Precariousness unterscheidet Butler Precarity (Prekarität), politisch bedingte Ausgrenzungen.2 Dem allgemeinen Prekärsein kommt bei Butler ein großes Potential zu, da es die Ontologie des Individualismus, das heißt den Besitzindividualismus, auf dem kapitalistische Gesellschaften gründen, unterläuft.3
In den Medien wird diese Spaltung ständig produziert. Die Leben weißer Europäer_innen werden feierlich betrauert, beispielsweise die Opfer der jüngsten Flugzeugkatastrophen. Geflüchtete und die Massen anonymer Arbeiter_innen in den kapitalistischen Peripherien werden dagegen als überflüssig, als Bedrohung, als „Flut“ präsentiert. Dass diese Menschen Kriegen entflohen sind, ihr Leben bei der Überfahrt erneut aufs Spiel gesetzt haben und tagelang in der nassen Kälte vor verschlossenen Toren ausharren mussten, das sie auch in Deutschland unter unlebbaren Bedingungen Angriffen und Diskriminierung ausgesetzt sind, wird geschickt ausgeblendet. Die Grenze zwischen betrauerbarem und nicht betrauerbarem Leben ist allerdings nicht fest, die Medien und das System an sich sind stellenweise offen für Einschlüsse.
Im September diesen Jahres wurde der in antirassistischen und antifaschistischen Bewegungen seit langem verbreitete Slogan „Refugees Welcome“ plötzlich durch Politiker_innen der „Volksparteien“, durch Konzerne und selbst durch die für ihre rassistische Stimmungsmache bekannte Bildzeitung angeeignet. Offenheit und Hilfsbereitschaft gegenüber Geflüchteten wurden als deutsche Tugenden verkauft. Mitausgelöst hatte diese Welle der „Willkommenskultur“ das Foto des toten Jungen Aylan Kurdi, der beim Versuch, mit seiner Familie vom türkischen Festland aus die griechische Insel Kos zu erreichen, im Mittelmeer ertrunken war. Die Inszenierung dieses Fotos sorgte für eine kurzfristige Massenbewegung einer heuchlerischen Solidarität. Warum wurde gerade dieser Junge betrauerbar? Ein ertrunkener Erwachsener syrischer Nationalität hätte keinesfalls so viel Aufsehen erregt. Das verbreitete Foto war sicherlich für viele mit der Vorstellung vom „eigenen“ Kind kompatibel. Geschickt bedienten die Medien eine gesellschaftlich tiefverankerte Hollywood-Mentalität. Es handelte sich um eine Emotionalisierung, die über bestimmte Narrationen funktionierte. Erzählt wurde eine Geschichte mit melodramatischer Wirkkraft, die Geschichte eines Kindes, das auf der Flucht war. Die breite Anteilnahme ließ vergessen, dass solche Schicksale keine Ausnahme sind, seit langem ertrinken täglich Menschen im kalten Mittelmeer. An diesem Beispiel wird deutlich, dass die „Flüchtlingskrise“ auf bestimmten Erzählungen und Bildern basiert, dass sie von der Rhetorik der Sprechenden abhängig ist. Sehr oft werden Geflüchtete als schreiende, gierige Masse dargestellt, die nur darauf wartet zu nehmen. Ein totes Kind an einem Strand in der Türkei, entspricht dieser Vorstellung von einem „Flüchtling“ nicht. Die allgemeine Trauer um das ertrunkene Kind auf dem Foto währte jedoch nur einen kurzen Augenblick. Verkonsumiert zerplatzte es wie eine Seifenblase. Das Bild der Flüchtlingsflut verdrängte es nicht.
Rassismus und Islamophobie durchziehen die Berichterstattung nach wie vor. Nach wie vor sind die Leben Geflüchteter nicht betrauerbar, ungrievable life. Derzeit wird ein Klima der Angst vor Geflüchteten geschürt, während andauernd stattfindende rassistische Übergriffe nur am Rande Erwähnung finden. Alleine bis September 2015 wurden über 500 Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte gezählt, mehr als 60 Heime brannten. Auseinandersetzungen in den Flüchtlingslagern, wo Menschen unter extremen Bedingungen leben, werden dagegen bereitwillig aufgegriffen und in überzogener Ausführlichkeit präsentiert. Diese gewaltbereiten Menschen seien zur Anpassung nicht fähig, wird versucht zu vermitteln, die hätten die vielen großzügigen Geschenke, die ihnen der Staat so selbstlos darbietet, ja gar nicht verdient. Zudem sei das Boot jetzt ohnehin schon voll. „Besorgten Bürger_innen“ wird mehr und mehr Raum gegeben. Ganz bewusst werden die Unterdrückten gegeneinander aufgehetzt. Die Medien werden durch die Herrschenden zur Regulierung des Zuzugs in ihrem Sinne instrumentalisiert. Nein, nicht sie sind es, die Menschen ausgrenzen möchten, das Volk sorgt sich.
Eingeschlossen in den Kreis des „zivilisierten“ Menschen werden Gruppen auf Dauer nur, wenn sie mit der europäischen Norm vereinbar sind. Meist geschieht dies allerdings nur auf Druck von außen. Beispielsweise ist das Frauenwahlrecht weder dem sorgenden kapitalistischen Staat noch dem Humanismus zu verdanken, sondern den Widerständen der Betroffenen selbst. Zwar wurden in den letzten Jahrzehnten Grenzen ausgedehnt und einige Migrant_innen in die Mehrheitsgesellschaft „integriert“, rassistische Ausschlüsse sind jedoch weiterhin präsent. Aussehen, Nationalität und Beruf der Eltern wirken sich ganz entscheidend auf die „Zukunftschancen“ hierzulande aus. In neoliberalen Gesellschaften bedeutet „Integration“ für die Ausbeutung auf dem Arbeitsmarkt verfügbar gemacht werden. Wer nicht verwertbar ist oder sich diesem Verständnis von Integration widersetzt, wird kriminalisiert, bestraft, falls möglich, abgeschoben. Die rigiden Grenzen der Moderne, die auf Konstrukten wie Rasse, Geschlecht und Nationalität beruhten, sind teilweise verschwunden. Aber, da die einen in Lagern leben müssen, wo andere nebenan mit teuren Autos vorfahren, um auf Modemesse Luxusartikel zu konsumieren, sind sie immer noch da.
Wer aus dem Rahmen des europäischen Menschen fällt, also ungrievable life ist, bekommt statt einer Wohnung ein Bett in einem Flüchtlingslager, wo sie_er unter unwürdigen Bedingungen leben muss. Unwürdig sind diese Bedingungen vor allem deshalb, da sie inmitten eines der reichsten Länder dieser Welt bestehen. Diese Stätten sind keine „Notlösung“, wie die Verwaltung glauben machen will, es gäbe andere Möglichkeiten. Die Mittel werden von den Regierenden allerdings nicht bereitgestellt und es ist auch nicht zu erwarten, dass sie es irgendwann freiwillig tun werden. In Lagern werden Menschen von ihrer Mitwelt abgeschottet, gefiltert und (aus)sortiert. Es gibt kaum Raum. Nach der am 24. Oktober in Kraft getretenen Asylrechtsverschärfung müssen die meisten Neuangekommenen mindestens sechs Monate dicht zusammengedrängt in Erstaufnahmelagern verharren. Außerdem sollen nun statt dem geringen Bargeld, das das Gesetz vorsieht, vermehrt Warengutscheine ausgestellt werden, sodass die Betroffenen erheblich an der Teilnahme am gesellschaftlichen Leben gehindert werden. Durch die Residenzpflicht wird die Bewegungsfreiheit stark eingeschränkt. Rund um die Uhr sind die Bewohner_innen staatlicher Repression direkt oder indirekt über private Sicherheitsfirmen ausgesetzt. Willkürliche Schikanen der Lagerbetreiber_innen und des Personals, beispielsweise wird das Tor oft über die Nacht verschlossen, sind an der Tagesordnung. An diesen Orten sind die Menschen Abschiebungen schutzlos ausgesetzt. Mitten in der Nacht werden sie unvorbereitet gewaltsam an Orte gebracht, wo Folter und Tod auf sie warten. In den letzten Wochen wurden mehrere Fälle von prügelnden Sicherheitsleuten bekannt. Hier handelt es sich keineswegs um Einzelfälle. Vor dem Berliner LAGeSo prügelten mehrere Kollegen des Sicherheitsdiensts gemeinsam. In einem anderen Fall soll der Chef höchstpersönlich zugeschlagen haben. Auch sexuelle Übergriffe von Seiten des Personals sind keine Seltenheit, die Notsituation der Bewohner_innen wird hemmungslos ausgenutzt. Betrieben werden diese Einrichtungen oft von privaten Unternehmer_innen, die von der Not der Geflüchteten profitieren. Für den Betrieb der Lager werden Arbeiter_innen eingesetzt, die selbst in prekären Verhältnissen stehen und gegen die Geflüchteten ausgespielt werden. Die Praktiken einiger Firmen, die sich allzu offensichtlich bereicherten, wurden in der Öffentlichkeit bereits angeprangert. Allerdings reicht es keinesfalls aus, Korruption und schlechte Zustände in Lagern zu skandalisieren. Solange im Kapitalismus die Möglichkeit besteht, werden Einzelne aus der Not anderer Nutzen ziehen. Privaten Unternehmer_innen muss die Möglichkeit genommen werden, sich an der Unterbringung geflüchteter Menschen in Lagern legal und mit staatlicher Unterstützung zu bereichern und über hunderte von Menschen zu herrschen.
Der Betrieb dieser Einrichtungen wird zu einem guten Teil auch durch unbezahlte Arbeit getragen. In Schichten organisiert sind freiwillige Helfer_innen zu einem festen Bestandteil der Versorgung geworden. Das Ausmaß der freiwilligen Unterstützung ist erfreulich, doch wird diese positive Energie derzeit in die falschen Bahnen gelenkt. Noch im September wurde Hilfsbereitschaft als deutsche Tugend gefeiert, Politik und Wirtschaft schmückten sich mit der „Willkommenskultur“, um nach außen eine moralisch-zivilisatorische Überlegenheit zu behaupten und das internationale Image aufzupolieren. Nachdem der Staat von der Zurschaustellung „deutscher Willkommenskultur“ in den letzten Wochen abgelassen hat, werden Helfer_innen nach wie vor von Behörden und privaten Unternehmer_innen angeeignet. Private Betreiberfirmen nehmen oft freiwillige Leistungen in Anspruch, für die sie vom Staat schon bezahlt wurden. Um ihren Profit zu steigern, beeinflussen sie lokale Hilfsbündnisse, die oft unkritisch mit ihnen zusammenarbeiten. So wird gutgemeinte Hilfe zu einer Stützte des Systems, das Krieg, Vertreibung und Flucht andauernd hervorbringt. Wenn nicht zugleich die von hier ausgehenden Fluchtursachen angegangen werden, wird Hilfe zum Luxusgut, das zuerst dem eigenen Ansehen und der Beruhigung des eigenen schlechten Gewissens dient. Tagsüber wird unhinterfragt konsumiert und die neoimperiale (Kriegs)politik unterstützt, abends wird ein bisschen geholfen.
Denn die Ursachen der Flucht sind nicht alleine in den vom Krieg betroffenen Staaten zu suchen. Die meisten der Konflikte sind Folgen kolonialer Grenzziehungen. Nachdem die europäischen Imperialmächte die sozialen Strukturen der kolonisierten Gebiete zerstört und an die Anforderungen des kapitalistischen Marktes angepasst hatten, teilten sie die Gebiete willkürlich in
Nationalstaaten. Der Kolonialismus findet seine Fortsetzung in internationalen Bündnissen wie der NATO, der EU und dem IWF. Als Teil dieser neoimperialistischen Institutionen lebt Deutschland weiterhin von der wirtschaftlichen Ausbeutung dieser Gebiete. Um einen kapitalistischen Weltmarkt zu schaffen und zu bewahren, beteiligt sich Deutschland an Kriegen – Irak, Afghanistan, Palästina, Libyen, Kurdistan, Jemen – die Liste ist ellenlang. Indem die Herrschenden sich nun als große Wohltäter_innen innerhalb der europäischen Staatengemeinschaft aufspielen, lenken sie ab von diesen Verstrickungen. Mit der weiterhin am Leben gehaltenen Idee von der europäischen Zivilisierungsmission wird neokoloniale Politik legitimiert. Über die Aneignung (ehemals) Ausgegrenzter, zum Beispiel Frauen und queerer Sexualitäten, werden Kriege gerechtfertigt. Es wird der Anschein erweckt, diese Einschlüsse seien eine Errungenschaft des modernen Nationalstaats, statt Reaktionen auf die Kämpfe der Unterdrückten.
Die politischen Strukturen der Bundesrepublik erlauben es derzeit nicht, diese Probleme ernsthaft in Angriff zu nehmen. Parlamentarismus bedeutet die Herrschaft weniger, „Demokratie“ bedeutet die bedingungslose Erfüllung der Interessen der Wirtschaft. Doch wer von der Ausbeutung der infolge (neo)kolonialer Gewalt Benachteiligten lebt, gibt keine Almosen. Wer Waffen an Kriegstreiber liefert, in den Schwitzfabriken der sogenannten „Entwicklungsländer“ gefertigte Kleider trägt, soziale Strukturen in den ehemaligen Kolonien zerstört (hat) schuldet den vor diesem Unheil Fliehenden mehr als abgeschottete Lager und Supermarktgutscheine.
Was wir brauchen ist Solidarität statt auf lange Sicht nichts ändernder Charity. Ehrenamtliche Hilfe ist jetzt wichtig, sie kann jedoch nicht die Lösung der sogenannten Flüchtlingskrise sein. Prekärsein als Gemeinsamkeit allen Lebens bedeutet die Abhängigkeit voneinander. Gerade diese wird allerdings vom Neoliberalismus geleugnet, der nur abgeschlossene Individuen, Nationalstaaten, Konzerne kennt, die für nur sich selbst sorgen müssen. In der Anerkennung eines allgemeinen Prekärseins liegt die Kraft die Prekarisierung der Anderen der europäischen Norm anzugehen, das betrifft sowohl Geflüchtete als auch Arbeiter_innen, Migrant_innen, Queers und Obdachlose, um nur einige aufzuzählen. Ohne diese Ausschlussmechanismen und neoliberale, neokoloniale Verhältnisse anzugehen, wird es nicht möglich sein, für alle lebbare, demokratischere Strukturen zu schaffen. „Flüchtlingshilfe“ muss an politischen Widerstand gekoppelt werden, Forderungen nach Bewegungsfreiheit, bedingungslosem Bleiberecht, Wohnungen für alle, die Aufhebung sämtlicher Restriktionen und Selbstorganisation – Forderungen die von Geflüchteten gestellt werden und für alle überlebenswichtig sind – dürfen nicht dem neoliberalen Hilfsgeschäft zum Opfer fallen.
Von Kat Gorska und Dominik Merdes
1 Vgl. Butler, Judith. (2010). Frames of War. When is Life Grievable?, London/New York: Verso.
2 Vgl. Butler, Judith. (2010). Frames of War. When is Life Grievable?, London/New York: Verso, S. 25 f.
3 Vgl. Butler, Judith. (2010). Frames of War. When is Life Grievable?, London/New York: Verso., S. 13 u. 33.
sam 17. November 2015 - 10:54
Stabil.
sam 17. November 2015 - 10:54
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