Die internationalen Unterstützer der ukrainischen Faschisten – eine Tour durch das soziale Netzwerk des „Azov“-Bataillons.
Olga S., eine Italienerin mit weißrussischen Wurzeln, kämpft für Europa. „Auf Wiedersehen, Feinde Europas“ steht auf einer Grafik, die einen spartanischen Kämpfer mit Axt und Schwert zeigt. Neben diese hat sie eine andere Grafik gepostet, die eine U-Bahn zeigt, in der People of Coulour sitzen. „Verschiedenheit = Genozid an den Weißen“ und „Zerschlagt den Kulturmarxismus“, sagt die Bildunterschrift.
Olga S. ist überzeugte Faschistin. Mussolini, ein Dolch mit der Inschrift „Unsere Ehre heißt Treue“, Hakenkreuze, Hitler-Verehrung und Hass auf Linke, Ausländer und Juden dokumentiert ihr Profil in dem sozialen Netzwerk „Facebook“. Und: Olga S. ist Anhängerin und aktive Unterstützerin des ukrainischen „Rechten Sektors“ und vor allem des ihm nahestehenden Bataillons „Azow“. Ihre Kinder lässt sie mit Fahnen des Sektors posieren, sie selbst reist mehrfach in die Ukraine und fotografiert sich mit Kämpfern des „Azov“. Sie sammelt Spenden und überbringt sie ihren Helden, auf Facebook ist sie Administratorin der Seite „Pravyi Sektor Italia“.
Olga ist ein kleiner Fisch im internationalen Unterstützungs-netzwerk der Rechten, aber wir können bei ihr den Anfang machen. Am 2. Juni 2014 postet sie ein Bild. Es zeigt einen Mann, sein Gesicht ist verpixelt. Er ist in einem der Quartiere des „Rechten Sektors“ zu sehen. Über ihm die schwarz-rote, an die Tradition der ukrainischen Nationalisten Stepan Banderas anknüpfende Fahne mit dem Tryzub in der Mitte. „Ruhm der Ukraine! Ruhm den Helden! Ruhm der Nation! Tod den Feinden!“, steht auf dem Bild, die Übersetzung des ukrainischen Slogans der Faschisten seit dem Zeiten Weltkrieg.
Die Italien-Connection
Der Mann, der hier zu sehen ist, heißt im wirklichen Leben
Francesco Fontana kommt aus Italien und zählt zu jenen internationalen Neonazis und Faschisten, die ernst gemacht haben mit ihrer Unterstützung der „nationalen Revolution“ in der Ukraine. Er dient als „Freiwilliger“ im Bataillon „Azov“. Francesco gehört zur älteren Generation und hat deshalb auch schon in der „Avanguardia Nazionale“ des faschistischen Terroristen und Mörders Stefano Della Chaie mitgemischt, heute befindet er sich im Umfeld der neofaschistischen „Casa Pound“ in Italien. Sein Mitwirken an dem bewaffneten Kampf der ukrainischen Faschisten ist, allerdings ohne Klarnamen, auch in einer Dokumentation des italienischen Journalisten Fausto Biloslavo festgehalten.
Nach eingehender Durchsicht hunderter Facebook-Profile glauben wir, dass er bei weitem nicht der einzige Italiener ist, der seinen Weg
zuerst nach Kiew und dann zu den Freikorps im Osten der Ukraine gefunden hat. Der organisatorische Bezugspunkt dürfte „Casa Pound“ sein. Die um eine „Modernisierung“ der faschistischen Ideologie bemühte und mittlerweile damit äußerst erfolgreiche Gruppe hatte bereits zu Maidan-Zeiten halboffizielle Kontakte sowohl zum „Rechten Sektor“ wie auch zur noch wesentlich radikaleren „Sozial-Nationalen Versammlung“ (SNA).
Um Namen, gar Klarnamen, zu nennen, ist es noch zu früh, und offenkundig sind die Kämpfer des „Azov“-Bataillons sehr um den Schutz ihrer Identitäten bemüht. Allerdings gehen wir davon aus, dass zumindest zwei jüngere Kämpfer der „Casa Pound“ sich in der Ukraine aufhalten.
„Azov“ – Das Bataillon der „weißen Rasse“
An dieser Stelle darf eine kurze Anmerkungen über jenes Bataillon nicht fehlen, in das es die meisten Neonazis zieht. Es trägt den
Namen „Azov“ und wurde vor allem auf Initiative von Kadern der „Sozial-Nationalen Versammlung“ (SNA) gegründet. Kommandiert wird es von deren Führer, Andrij Bilezki, der sein politisches Ziel so umschreibt: In der Ukraine finde „ein Kreuzzug für die weiße Rasse“ statt, und zwar gegen die „von Semiten geführten Untermenschen“.
Diese These ist, jenseits von den offiziellen Pressemitteilungen des „Rechten Sektors“, die ihn als harmlose patriotische Bewegung darstellen sollen, weit verbreitet. Eines der Sprachrohre der Faschisten, auf dem ukrainische Texte ins Englische übersetzt werden, deutet den Kampf gegen Russland eben auf die selbe Weise: Russland sei vom „Multikulturalismus“ zersetzt, deshalb „ist der gegenwärtige Kampf gegen die russischen Eindringlinge für die ukrainischen Nationalisten nicht nur ein Kampf um Unabhängigkeit, sondern einer für die Interessen der gesamten weißen Rasse!“
Dementsprechend ist das „Azov“ wesentlich radikaler als andere,
ebenfalls rechte Bataillone („Donbass“ oder „Dnepr“). Führen die Verteidiger der Kiewer Regierung bei letzteren noch an, es handle sich um ganz normale „Patrioten“, ist das bei „Azov“ schwieriger, denn die Sympathisanten und Kämpfer machen kaum einen Hehl aus ihrer offen rassistischen, chauvinistischen, homophoben, den NS-Faschismus verherrlichenden Gesinnung. Als einer ihrer Kameraden, ein junger Mann namens „Aksion“ fällt, heißt es im offiziellen Nachruf würdigend, er habe sein „Leben lang den Pfad des Nationalsozialismus beschritten“.
Die Frankreich-Connection
Der vermeintliche Rassenkrieg zieht Faschisten aus vielen Ländern an. Der Mann, der diesen Zulauf managen soll, heißt Gaston Besson. Besson ist ein Söldner mit rechter Gesinnung, der zuvor in diversen Kriegen und Aufständen Asiens gekämpft hatte, als er 1991 nach Bosnien ging, um dort an der Seite kroatischer Neonazis und Ustascha-Anhänger in der berühmt berüchtigten Hrvatske obrambene snage (HOS) am großen Gemetzel auf dem Balkan teilzunehmen. Auch damals waren bereits viele ausländische Neonazis beteiligt, einige dutzend Milizionäre waren Besson unterstellt.
Besson spricht davon, er wolle „internationale Brigaden“ aufbauen und kämpfe hier aus „Idealismus“. Für welche Art von „Idealismus“ wird schnell klar, wirft man einen Blick auf sein Facebook-Profil, von dem aus er für die Anwerbung von Kämpfern für „Azov“ wirbt. Schwarze Sonne und Wolfsangel, Lieder des kroatischen Faschisten Thompson. In seinem Anschreiben an potentielle Freiwillige heißt es: „Vergessen Sie nicht, wir sind der militärische Arm der SNA. Wir sind sozial, national und radikal.“
Die Skandinavien-Connection
Einer, der das sicher nicht vergessen hat, sondern genau deswegen
dahin gefahren ist, ist der Schwede Mikael Skillt. Sieben Jahre hat er als Scharfschütze in Schweden gedient, viel länger noch war er in diversen Neonazi-Gruppierungen des Landes unterwegs. Bis vor seiner Abreise in der Svenskarnas Parti, zuvor in der „Schwedischen Widerstandsbewegung“ (Svenska Motståndsrörelsen), die von einem ehemaligen Mitglied der White Aryan Resistance, Klas Lund, gegründet wurde.
Skillt ist der prominenteste Ausländer in den Reihen des „Azov“ und wahrscheinlich auch einer der professionellsten Killer, die den SNA-Milizen zur Verfügung stehen. Die BBC nennt ihn den „White-Power-Warrior aus Schweden“ (link) und er macht aus seiner Gesinnung keinerlei Hehl. Seinen Angaben zufolge soll sich zumindest ein weiterer militärisch gut ausgebildeter Schwede bei „Azov“ aufhalten, wie viele Schweden es insgesamt sind oder über die vergangenen Monate hinweg waren, ist schwer zu sagen, in jedem Fall aber mehr als die zwei.
Die Svenska Motståndsrörelsen hat eine finnische Schwesterorganisation, die „Finnische Widerstandsbewegung“ (Suomen vastarintaliike). Aussagen von Kadern des „Azov“-Bataillons zufolge (auch wenn diese später wieder dementiert wurden) kämpfen auch Finnen bei den ukrainischen Neonazis mit. Unserer eigenen Recherche zufolge handelt es sich um Mitglieder oder Sympathisanten der Suomen vastarintaliike.
Die Russland-Connection
Natürlich dürfen auch Russen nicht fehlen in diesem bunten
Potpourri von Neonazis aller Herren Länder. Hier sind es Aktivisten der sogenannten Misanthropic Division und der neuheidnischen Faschotruppe „Wotan-Jugend“, die an der Seite von „Azov“ stehen. Auf ihrer Homepage findet sich ein Text, der beschreibt, was sich die russischen Neonazis von dem Kampf in der Ukraine erwarten: „Heute die Ukraine! Morgen Russland und ganz Europa! Wir kommen, um uns unsere Länder zurückzuholen! Für die neue Reconquista!“ Nur im „Krieg findet man dazu den Mut“, nur „im Blut von Helden wird die neue Nation geboren“. Es gehe gegen die „neuen Asiaten“ und die „feigen Roten“.
Dem Stellenwert in den Gesamtveröffentlichung der Wotan-Jugend nach zu schließen, könnte es durchaus sein, dass mehr als jene zwei Kämpfer, von
denen das gesichert der Fall ist, auf der Seite der ukrainischen Nationalisten kämpfen, in jedem Fall aber nimmt der Kampf in der Ukraine ideologisch für die russischen Faschisten einen äußerst großen Stellenwert ein. Einer der Hitler-Jungen, Kampfname „Balagan“, ist bereits nach Walhalla abkommandiert worden.
Außerdem unterstützen die russischen Neonazis der Gruppe „Nevograd“ aus St. Petersburg, die im Normalfall Migranten in den Straßen der russischen Metropole umbringen, das „Azov“ und reisen auch dazu in die Ukraine. Ob sie dabei militärische oder „zivile“ Aufgaben übernehmen, ist unklar.
Last but not least sind Polen an der ukrainischen Front anzutreffen.
Netz bewaffneter Nazis
Berichten zufolge sind auch noch Polen und Holländer anwesend, ob das stimmt oder nicht, tut wenig zur Sache. Was wir nämlich beobachten können, wenn wir durch die Profile der betreffenden Neonazis surfen, die Informationen mit journalistischen Infos oder welchen von vor Ort abgleichen, und uns dann die Kumpels von denen ansehen, die da kämpfen, ist: Es gibt ein Netzwerk von äußerst gewaltbereiten Neonazis, die sich länderübergreifend vernetzen, und deren harter Kern sich nicht nur gerne mit Waffen fürs Facebook-Profil ablichten lässt, sondern ernst macht. Die Linke wird sich einiges einfallen lassen müssen, wenn sie dieser wachsenden Bedrohung etwas entgegensetzen will.
Eine Schlussbemerkung
Dieser Text handelt von einem engen Ausschnitt aus dem Panorama der bewaffneten Kräfte des Krieges in der Ukraine. Es ist selbstverständlich keine Gesamtzusammenschau der Kräfteverhältnisse. Aber wir denken, dass wir nach unserer Recherche zumindest eins mit Sicherheit festhalten können: Die „Azov“-Brigade ist eine militärische Formation bewaffneter Faschisten und sie ist dem ukrainischen Innenministerium offiziell unterstellt. „Pro-russische Propaganda“ liegt uns fern, aber das kann man einfach mal so festhalten.
– Von Peter Schaber
Raucher 26. August 2014 - 11:07
Ein Moskauer Anti-Antifa hält sich auch in der Ukraine auf, evtl. jetzt bei Azow:
http://igcp.eu/hronika-prestupleniy/nationalist-convicted-russia-joins-national-guard-ukraine?language=en
Der wird dann auch ganz offiziell beim „Maidan Press Center“ präsentiert:
http://www.youtube.com/watch?v=U0pLkPf3NzU
http://wotanjugend.info/articles/2014/07/roman-zheleznov-belaya-solidarnost-i-chyornyiy-piar/
Dr. Specht 26. August 2014 - 20:37
Die Bildunterschrift „Aktivisten der “Casa Pound” zu Gast bei ukrainischen Kameraden“ stimmt wahrscheinlich nicht. Es sind wohl eher ukrainische Kameraden bei Casa Pound. Der Raum in dem sie stehen ist nämlich der Veranstaltungsraum im obersten Stockwerk des von den Faschos besetzten Hauses in Rom.
Rassenkrieg für Europas Werte | dokumentationsarchiv 2. September 2014 - 23:04
[…] via lower class magazine: Rassenkrieg für Europas Werte […]
In der Ukraine: Rassenkrieg für Europas Werte ? | Jochens Sozialpolitische Nachrichten 4. September 2014 - 0:51
[…] Ein gut recherchierter Artikel aus dem “Lower Class Magazine”, den ich hier auszugsweise übernehme. Kommentare siege dort: http://lowerclassmagazine.blogsport.eu/2014/08/rassenkrieg-fuer-europas-werte/ […]
Wann steht in Berlin ein Hitlerdenkmal? | Jochens Sozialpolitische Nachrichten 17. Dezember 2014 - 13:10
[…] http://lowerclassmagazine.blogsport.eu/2014/08/rassenkrieg-fuer-europas-werte/ […]