Der Gezi-Park ist Gefahrenzone. Wenn du dort ein Buch oder Kleidung verschenken willst, hast du eine Armada von Zivilpolizei am Arsch.
Seit vergangenem Juni ist der Istanbuler Gezi-Park bekanntlich mehr als ein paar Bäume und Grünflächen zum Chillen. Er ist Symbol eines neuen Aufbruchs gegen so ziemlich alles, was in diesem Land falsch läuft, geworden. War er in jenen Tagen im Juni 2013, als die Bullen keine Chance hatten, die meterhohen Barrikaden, die die Kommune vom Taksim vor dem Zugriff des Staates schützten, zu überwinden, zu einem Symbol des Aufbruchs und des Ausprobierens neuer Formen gesellschaftlichen Zusammenlebens geworden, ist er heute vor allem eins: Gefahrengebiet.
Gefühlte 90 Prozent der Tätigkeit des massiv aufgeblähten Polizeiapparats Istanbuls bestehen darin, Demonstrationen davon abzuhalten, auch nur in die Nähe des Platzes zu kommen. Dafür stehen allzeit bereit massive Polizeikräfte in der Nähe des Platzes, die Busse mit den martialisch ausgerüsteten Pigs fahren regelmäßig durch die Touristen- und Besuchermassen auf der Shoppingmeile Istiklal und wenn dort eine der fast täglichen kleineren Demonstrationen beginnt, gibt es Tränengas, Wasserwerfer und Gummigeschosse.
Eine besonders skurrile Form dieser schwachsinnigen Tätigkeit konnten wir heute beobachten. Eine kleine Gruppe von Gezi-Aktivisten hatte dazu aufgerufen, sich im Gezi-Park zu treffen, Bücher auszutauschen, zu verschenken und zu lesen. Auch einen Gratis-Flohmarkt mit Kleidung sollte es geben.
Diese staatsgefährdende Aktion musste selbstredend unterbunden werden. Und so füllte sich der Park rasch mit einer ganzen Division von Zivilbullen, die jeden, der ein Buch dabei hatte, dazu aufforderten, sich sofort zu verpissen. Draußen, vor dem Park, warteten die uniformierten Kollegen mit ihren Gasgewehren, falls sich Widerstand gegen die Order regen sollte. Dazu kam es nicht, die Aktivisten zogen, nach kleineren Rangeleien und Diskussionen mit den – hier tatsächlich extrem unauffällig gekleideten und im Unterschied zu Deutschland auch nicht am täglichen Steroid-Missbrauch zu erkennenden – Undercoverpigs ab. „Kitap“, „Kitap“ – Buch, Buch, – rufend zogen sie ab.
[Istanbul Diaries III] Staatsfeind Brot | Lower Class Magazine 21. April 2014 - 17:48
[…] war es das Buch. Eine Hundertschaft von Zivilpolizei drangsalierte einige Dutzend Menschen, die zum öffentlichen gemeinsamen Lesen und Bücherverschenken zum Istanbuler Taksim-Platz gekommen waren. Jeder, der ein Buch bei sich hatte, wurde aus dem […]