In München beginnt die sogenannte Sicherheitskonferenz. Der Versuch eines Regime Change in der Ukraine wird ganz oben auf der Tagesordnung stehen – und er markiert eine Zäsur der deutschen Außenpolitik.
„Über 400 hochkarätige Entscheidungsträger der internationalen Politik, darunter knapp 20 Staats- und Regierungschefs und mehr als 50 Außen- und Verteidigungsminister“, so steht es in einer Pressemeldung der Münchner Sicherheitskonferenz, werden dieses Jahr zu der Tagung erwartet, die wie kaum eine andere Rüstungslobbyisten und jene, die deren Produkte einsetzen, zusammenbringt.
Die Konferenz hat Tradition, begleitet von Protesten findet sie jährlich statt, insgesamt ist es das 50. Zusammentreffen. Als Mastermind der Konferenz gilt der ehemalige deutsche Diplomat Wolfgang Ischinger. Er meldete sich vor einiger Zeit am Höhepunkt der Euro-Krise zu Wort und forderte ein, Deutschland müsse wieder zu einer Hegemonialmacht werden, man müsse wieder lernen, andere zu „führen“: „Von einer Führungsmacht wird erwartet, dass sie Verantwortung übernimmt, dass sie Anstöße gibt, dass sie Impulse setzt. Dass sie führt. (…) Wir haben uns ja eigentlich abgewöhnen wollen, andere zu führen. Wir haben uns so wohlgefühlt in einer Europäischen Union, in der sich die Großen etwas kleiner machen und die Kleinen sich etwas größer machen dürfen, und in der so eine durchaus funktionierende Harmonie hergestellt worden ist. Aber diese Harmonie ist zerbrochen in der Finanzkrise. Und irgendeiner muss ja nun wieder zu stabilen Verhältnissen führen, und ich fürchte, nur wir können es. Also müssen wir es jetzt auch tun. Und die deutsche politische Klasse wird sich an diese neue Führungsverantwortung gewöhnen müssen.“
Nun soll sich Deutschland zum „gutmütigen Hegemon“ emporschwingen, so Ischinger, der jenen, die es nicht begreifen, zeigt, wie man sich entwickeln soll. Ob mit Sparpaketen und dem Export von Hartz-IV nach ganz Europa, oder eben – wie gerade eben in Kiew – mit der Hilfe einer teilweise von deutschen Organisationen gesteuerten Opposition, die im Bündnis mit offenen Neofaschisten agiert.
Klitschko und Tjahnybok
Die Opposition, die seit Ende 2012 nach der Absage der Unterzeichnung eines Assoziierungsabkommens mit der EU auf dem zentralen Maidan in Kiew kampiert, besteht im Wesentlichen aus vier größeren Fraktionen: Die UDAR („Schlag“) Vitali Klitschkos, die Swoboda („Freiheit“) Oleg Tjahnyboks, die Allukrainische Vereinigung Vaterland von Julia Timoschenko und dem sogenannten „rechten Sektor“, einem Zusammenschluss kleinerer Neonazi-Gruppen, die vor allem aus paramilitärischen Einheiten und Hooligans bestehen.
Natürlich gehen die Proteste nicht völlig in diesen vier Parteien auf. Viele Menschen dürfte einfach der Unmut über Korruption, Polizeigewalt und den autoritären Regierungsstil von Präsident Viktor Janukowitsch auf die Straße treiben, ohne, dass sie sich überlegen, mit wem sie da eigentlich hinter derselben Barrikade stehen. Zudem gibt es – zahlenmäßig sehr kleine – anarchistische Gruppierungen wie Avtonomia, die versuchen, an zwei Fronten gegen den Staat und gegen die Neonazis der Opposition zu kämpfen.
Hegemonie beanspruchen können allerdings nur zwei Fraktionen: Die prowestliche UDAR, die sich vor allem der exklusiven Medienaufmerksamkeit in den Ländern der EU und den USA erfreut sowie aus diesen Staaten finanziert wird. Und die faschistischen und neonazistischen Gruppen am rechten Rand, also Swoboda und der „rechte Sektor“. Sie konnten sich, weil sie schon vor dem Aufstand auf ein Bürgerkriegsszenario orientiert haben, bei den Straßenschlachten als gut ausgerüstete Truppe profilieren und mit Sicherheit in ihrer Popularität zulegen.
Neonazis als „radikale EU-Aktivisten“
Erstaunlich ist dabei, wie offen deutsche Journalisten und das hiesige Politpersonal Neonazis verharmlosen oder schlichtweg ignorieren. Die CDU-nahe Konrad-Adenaer-Stiftung (KAS) schreibt in einem vor den Protesten erschienenen Strategiepapier zur Ukraine, dass die Sowoboda „keinen Hehl aus ihrer nationalsozialistischen Vergangenheit“ mache und erwähnt auch, dass die Partei immer noch jährlich Gedenkmärsche für den Nazi-Kollaborateur, Antisemiten und Kriegsverbrecher Stepan Bandera durchführt. Im selben Papier rechnet die KAS Swoboda zu den „demokratischen Parteien“.
Vitali Klitschko arbeitet, ohne das zu Verschweigen, in der Koordination der Proteste mit dem Führer der Swoboda, Oleg Tjahnyboks, zusammen. Dieser schwadroniert schon mal gerne von einer „jüdisch-russischen Mafia“, die es zu bekämpfen gelte und tritt für eine ethnisch „reine“ Ukraine ein. Swoboda ist homophob, vertritt ein frauenfeindliches Weltbild und schürt ohnehin weit verbreitete Ressentiments gegen alles Russische. Seine Partei pflegt nach wie vor Kontakte zur deutschen NPD. Bislang gibt es zu dieser Zusammenarbeit keine kritische Äußerung seitens der Menschenrechtsimperialisten aus Berlin.
Es ist verwunderlich: Aber in den meisten Publikationen hiesiger Journalisten kommen diese Fakten kaum vor. Im Gegenteil: Diejenigen, die sich Straßenschlachten mit der Polizei liefern – und das sind meistens die gut ausgebildeten Faschisten – werden „radikale Pro-EU-Aktivisten“ genannt, die Swoboda gilt als „rechtspopulistisch“.
Neues Selbstbewußtsein
Die deutsche Regierung hat ein neues Selbstbewußtsein entwickelt. Man macht kaum noch einen Hehl daraus, dass man die Angelegenheiten anderer Länder als durch Berlin zu lösende Probleme betrachtet. Elmar Brok von der CDU versucht seit Wochen der ukrainischen Regierung zu erklären, welche Verfassung sie sich geben sollte. Nicht dass wir uns um die Autonomie der Oligarchenregierung scheren, aber man stelle sich umgekehrt vor, Putin forderte die Kanzlerin ultimativ auf, die Verfassung der DDR wieder in Kraft zu setzen.
Auf anderem Gebiet hat indessen die frischgebackene Verteidigungsministerin Ursula Von der Leichen einen Vorstoß gewagt: Deutschland soll sich verstärkt in internationale Militäroperationen einbringen. Man müsse „mehr Verantwortung“ übernehmen, heißt das im soften Jargon des Neokolonialismus.
Die Rolle Deutschlands während der Euro-Krise, die steigende Bereitschaft, auch militärisch wieder auf die Weltbühne zurückzukehren und die Schamlosigkeit, mit der man derzeit in der Ukraine mit Neonazis kooperiert, lassen nichts Gutes ahnen.
– Von Nick Mibbler
Piratenpartei Antifa Anarchisten Aktivisten PAAA 2. Februar 2014 - 22:50
Wenn die Ukrainische Regierung demokratisch wäre dann würde sie eine Volksabstimmung abhalten. tut sie das nicht ist sie nicht demokratisch, eine Regierung die nicht demokratisch ist hat keine Legitimität mehr und darf folglich gestürzt werden.
Reschke 3. Februar 2014 - 17:33
Hat die BRD Volksabstimmungen jemals durchgeführt ? Nein ! Also ist sie nicht demokratisch, hat keine Legitimität und darf folglich gestürzt werden. Das wäre die Schlussfolgerung auf obige Antwort.