Race- und Klassenfragen sind zwar verschränkt, sollten aber auch unabhängig voneinander betrachtet werden. Vor dem Hintergrund der jüngst intensiv geführten identitätspolitischen Kontroversen wird folgend anhand a) der Debatten um Haupt- und Nebenwidersprüche und des neuen Buches von Sahra Wagenknecht; b) eines Vergleichs zwischen versklavten Schwarzen auf den US-amerikanischen Plantagen und weißen britischen TextilarbeiterInnen des 19. Jahrhunderts; c) der Rolle des euro-amerikanischen Kolonialismus, Imperialismus und ihren nichtweißen NutznießerInnen und KollaborateurInnen sowie d) den jetzigen Arbeitsbeziehungen und sozioökonomischen Verhältnissen im Kapitalismus diskutiert
Zahlreiche liberale und politisch rechts zu verortende JournalistInnen und AkademikerInnen bedienten sich zuletzt – v.a. unter dem Deckmantel des liberalen Universalismus – der zum Kampfbegriff avancierten Schablone „linker Identitätspolitik“. Meistens, um ihre Ignoranz oder Gleichgültigkeit gegenüber institutioneller Diskriminierung und Formen der Unterdrückung, die aus sozialer Ungleichheit, Rassismus und patriarchalen Strukturen resultieren, unverblümt zur Schau zu stellen. Unter Missachtung der bestehenden Faktenlage, bagatellisieren sie die Existenz von strukturellem Rassismus, rassistischen Morddrohungen, physischer Gewalt gegen und die Ermordung von People of Color (PoC), Frauen, LGBTQ+ Personen, Obdachlosen und AntifaschistInnen. Zusätzlich erkennen sie die Notwendigkeit von geschützten Räumen sowie sozialer Mobilität für diskriminierte Gruppen und subalterne Klassen nicht an. Stattdessen beschwören sie die vermeintlichen Gefahren der „woken Cancel Culture“, der „feministischen Sprachpolizei“ und der gefährlich überbordenden „PoC-Mobs“.
Auch in linken Kreisen gab es in den letzten Jahren vermehrt hitzige Debatten darüber, ob Klassen- gegenüber Race– und/oder Geschlechterfragen der Vorrang eingeräumt werden sollten. Orthodoxe Linke vertreten nicht selten die Meinung, dass die Kategorie der Klasse den Hauptwiderspruch darstellen würde, da sie über Partikularinteressen und unterschiedliche Identitätsgruppen hinausgehe. Heterodoxe Linke hingegen messen Race– und Geschlechterfragen oftmals die größere Bedeutung bei und lehnen die Vorstellung ab, dass diese Kategorien lediglich Nebenwidersprüche seien.
Ein besonders aufschlussreiches Beispiel für die Gegenüberstellung von Klasse und Race/Herkunft ist in Sahra Wagenknechts jüngst erschienenem Buch Die Selbstgerechten (2021) zu finden. Darin wettert sie gegen die linksliberale „Lifestyle-Linke“, deren Identitätspolitik angeblich darauf hinausläuft, „das Augenmerk auf immer kleinere und immer skurrilere Minderheiten zu richten, die ihre Identität jeweils in irgendeiner Marotte finden.“ (S. 102). Gleichzeitig bleibt sie selbst jedoch ebenfalls der Identitätspolitik verhaftet ohne es aber als solche kenntlich zu machen. Sie stellt nämlich einer nicht klar definierten Gemeinschaft – die v.a. daraus besteht, dass sie deutsche Kultur, Bräuche und Traditionen vertritt – Menschen gegenüber, die „nicht dazugehören“. Linksidentitär wird es besonders dann, wenn sie die eher bildungsfernen Unterschichten (mit deutschem Pass oder zumindest gesichertem Aufenthaltsstatus), deren Interessen sie vorgibt zu vertreten, den gebildeten „Lifestyle-Linken“ sowie „Zuwanderern“ (ohne dauerhaften/gesicherten Aufenthaltsstatus) gegenüberstellt. In der Tat ruft sie dazu auf, die Interessen der einheimischen Geringverdienenden als das wesentliche Grundproblem zu betrachten. Sie behauptet aber, dass dies nur möglich wäre, wenn die Einwanderung begrenzt werden würde, da Migration maßgeblich für das Lohndumping verantwortlich sei. Die Bedürfnisse und Kämpfe von MigrantInnen und Geflüchteten werden dadurch zu einem Sekundarproblem degradiert. Für Wagenknecht sind letztere scheinbar nur Zahlen, deren Anstieg eingeschränkt werden müsse, um die ihrer Meinung nach berechtigten Ängste vor der Immigration und den wirtschaftlichen Folgen für die deutsche Kerngemeinschaft zu minimieren. Die „Zuwanderer“ wären ohnehin in ihren Heimatländern besser aufgehoben, ohne dass Wagenknecht dabei auch nur den geringsten Anschein macht sich in diese Menschen hineinzuversetzen, um ihre konkreten Flucht- und Auswanderungsmotive besser verstehen zu können. Ihr Verständnis für besorgte BürgerInnen einerseits und die Empathielosigkeit gegenüber in Deutschland lebenden Geflüchteten und MigrantInnen (insbesondere denjenigen, die nicht aufgrund von politischer Verfolgung oder Kriegen geflohen sind) andererseits sind jedenfalls frappierend. Ferner ist es – selbst aus einer einigermaßen progressiven sozialdemokratischen Logik heraus – äußerst problematisch, dass sie denkt, es sei angemessener die Einwanderung einzudämmen und politisch praktikabler die Fluchtursachen zu bekämpfen als gesetzlich höhere Löhne flächendeckend durchzusetzen, von denen ja schließlich alle Arbeitenden in Deutschland bis zu einem gewissen Grad profitieren würden.
Die Beziehungen zwischen Klasse, Race und Geschlecht sind auf jeden Fall weitaus komplizierter, komplexer und dynamischer, als es eine einfache Gegenüberstellung darzulegen vermag, und hängen darüber hinaus zu einem entscheidenden Maße vom spezifischen räumlich-zeitlichen Kontext ab, in dem sie Verwendung finden. Es wäre daher vielleicht lehrreich einen historischen Exkurs vorzunehmen und einen vergleichenden Blick auf zwei der am meisten ausgebeuteten Gruppen der atlantischen Welt vom späten 18. bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts zu werfen: die versklavten schwarzen ArbeiterInnen der amerikanischen Plantagenwirtschaft und die LohnarbeiterInnen der englischen Textilfabriken. Versklavte Menschen wurden zunächst zu Eigentum degradiert und der Verkauf an europäische SklavenhalterInnen setzte sie einer Ware gleich. Im Anschluss daran wurden sie zu elementaren Bestandteilen der Produktivkräfte von PlantagenbesitzerInnen. In Zeiten hohen Arbeitskräftebedarfs und geringen SklavInnennangebots war ihr Leben im monetären Sinne wertvoller als das vieler mittelloser, weißer LohnarbeiterInnen. Während Versklavte im 19. Jahrhundert oft versichert waren (ähnlich wie andere Kapitalanlagen) und genug zu essen hatten, um nicht zu verhungern, waren sie gesetzlich gesprochen tot, d.h. vollkommen rechtlos und daher horrender physischer und psychischer Gewalt ausgesetzt, von der weiße ArbeiterInnen i.d.R. verschont blieben.
Im Gegensatz dazu war es nicht ungewöhnlich, dass die, auch als „LohnsklavInnen“ bezeichneten, ArbeiterInnen der frühen Industrialisierungsphase Großbritanniens, v.a. Frauen und Kinder, länger arbeiten mussten und auch häufiger an Unterernährung starben als ihre de facto und de jure versklavten amerikanischen Pendants jener Zeit. Gleichzeitig waren weiße, britische Männer (und in begrenztem Maße auch Frauen) rechtlich freie Personen, die – zumindest theoretisch – ihre Arbeitskraft verkaufen konnten, an wen sie wollten. Eines ist allerdings klar: Im 19. Jahrhundert wurden sowohl den meisten karibischen und US-amerikanischen Versklavten als auch den britischen LohnarbeiterInnen grundlegende Rechte verwehrt. Trotz offensichtlicher Unterschiede hatten versklavte Menschen im US-amerikanischen Süden und „LohnsklavInnen“ in den Baumwollspinnereien von Lancashire mehr gemeinsam als mit den einheimischen Eliten, weißen HerrInnen und Kapitalisten, die sie beherrschten, unterdrückten und, wie im Falle der Sklaventreiber, verkauften.
Zur gleichen Zeit gab es – obwohl die überwiegende Mehrheit der PlantagenbesitzerInnen weiß waren – auch freie PoC (gens de couleur libres) und schwarze Sklavenhalter in der Karibik, wie zum Beispiel im späten 18. Jahrhundert auf Saint-Domingue (heute Haiti). Westafrikanische Eliten erzielten ebenfalls hohe Gewinne durch den Verkauf versklavter Menschen an europäische Sklavenhändler. Unumstritten ist jedoch, dass Euro-AmerikanerInnen zu den unangefochtenen HerrscherInnen des globalen 19. Jahrhunderts avancierten und ganze Erdteile durch koloniale Unterwerfung gewaltsam ausbeuteten. Wichtige Teile der zwischen dem 16. und 21. Jahrhundert akkumulierten euro-amerikanischen Reichtümer entsprangen der Anwendung roher Gewalt; der Versklavung von 12 Millionen AfrikanerInnen während des transatlantischen Sklavenhandels, der Ausrottung indigener Völker, der kolonialen Ausbeutung von Arbeitskräften und Ressourcen sowie aus neokolonialen Kriegen. Obwohl Regime-Change-Operationen in Ländern wie Afghanistan (seit 2001), Irak (2003-2011), Libyen (2011) und Mali (2013) die Staatsverschuldung in die Höhe trieben, generierten sie gleichzeitig enorme Profite für den militärisch-industriellen-Komplex, v.a. in den USA.
Parallel dazu machten asiatische, afrikanische und lateinamerikanische Königshäuser, Adlige, Politiker, Kapitalisten und andere Eliten, einschließlich der „Kompradoren-Bourgeoisien“, zur selben Zeit ein Vermögen durch Steuererhebung, Handel, Produktion, den Verkauf von natürlichen Ressourcen und die Umwandlung von Menschen in Eigentum. Sie lebten ein bequemes und luxuriöses Leben auf Kosten ihrer überwiegend armen und unterdrückten Untertanen. Darüber sollte ferner nicht vergessen werden, dass die Kolonisierung und imperialistische Ausbeutung Indiens, Westasiens, Afrikas und Lateinamerikas auch durch die Zusammenarbeit mit den lokalen euro-amerikanischen KollaborateurInnen ermöglicht wurde.
Nun zurück zur Gegenwart. Heute besteht ein überproportional großer Anteil der „gering qualifizierten“ euro-amerikanischen ArbeiterInnen aus Nichtweißen und Geflüchteten. Sie arbeiten auf Baustellen, als zeitlich befristete landwirtschaftliche LohnarbeiterInnen, in Geschäften und Supermärkten, als Pflegekräfte, KrankenpflegerInnen, Reinigungskräfte, im Transportwesen und Lieferservice, in Fabriken und in der Fleisch- und Lagerindustrie. Sie bilden den Löwenanteil der „essentiellen Arbeitskräfte“. Obwohl sie unentbehrlich sind, so sind sie doch austauschbar und obendrein gehören sie zu den mit am schwersten von der grassierenden Covid-19-Pandemie Betroffenen. Viele dieser ArbeiterInnen, die in prekären Arbeitsverhältnissen schuften und trotz zunehmender Arbeitszeiten kaum über die Runden kommen, veranschaulichen die Überschneidungen von Klasse und Race/Herkunft.
Abgesehen von den Niedriglöhnen wird ein großer Anteil der „essentiellen Arbeitskräfte“ massiv überwacht und erniedrigt. So riskieren Amazon-Angestellte beispielsweise ihre Anstellung, wenn sie Pausen einlegen um auf die Toilette zu gehen, während migrantische Zeitarbeitskräfte, die in der Landwirtschaft oder der Fleischindustrie arbeiten, in besonders miserablen und überfüllten Wohnverhältnissen leben müssen. Demnach ist es kaum verwunderlich, dass Amazon im Dezember 2020 einen Landkreis in Alabama (USA) dazu veranlasste, die Ampelschaltung vor ihrem Warenhaus so zu verändern, dass gewerkschaftlich organisierte ArbeiterInnen nicht mehr genug Zeit hatten andere ArbeiterInnen anzuwerben, während sie an der Ampel warteten.
Selbst (oder sollte man nicht viel eher sagen gerade) in einem so wohlhabenden Land wie Deutschland arbeiten über 20% der Beschäftigten im Niedriglohnsektor – davon etwa 40% MigrantInnen und PoC. „Hochqualifizierte“ ArbeitnehmerInnen sind allerdings ebenso von der allgegenwärtigen Sparpolitik betroffen, die im Laufe der letzten 40 Jahre immer stärker um sich gegriffen hat. Es ist keine Ausnahme, dass ein/e angehende/r PsychotherapeutIn nach sechs Jahren Studium, während der Ausbildung ca. 240€ im Monat verdient und Lehrbeauftragte an Universitäten und Hochschulen einen Stundenlohn von etwa 20€ und oftmals sogar nur 3€ beziehen (ohne Zulagen für Vor- und Nachbereitungen der Seminare). Auch in den USA sind außerordentliche Dozierende auf dem Vormarsch und machen ca. 75% der akademischen Belegschaft aus. Sie erhalten zwischen 20.000$ und 25.000$ pro Jahr und müssen ihr Einkommen nicht selten durch Nebentätigkeiten aufstocken, um überleben zu können.
Gleichzeitig gibt es sowohl im „Globalen Norden“ als auch im „Globalen Süden“ eine verhältnismäßig kleine, aber dennoch beachtliche Anzahl von gutsituierten PoC der Mittel- und Oberschicht. Ihnen geht es wirtschaftlich besser als großen Teilen der weißen ArbeiterInnenklasse Euro-Amerikas, die zunehmend der Arbeitslosigkeit ausgesetzt sind, v.a. seitdem die industrielle Produktion verstärkt nach Asien ausgelagert wurde. Darüber hinaus zeigen der wirtschaftliche Aufstieg und die Kapitalinvestitionen Japans, Südkoreas, Chinas, Indiens, der Vereinigten Arabischen Emirate und Saudi-Arabiens in den USA, Europa, Lateinamerika und Afrika, dass die Antagonismen zwischen der „entwickelten“ und der „sich entwickelnden“ Welt nur eine Seite der Medaille aufzuzeigen vermag. In diesem spezifischen Zusammenhang ist die Aussage des Historikers C.L.R. James aus dem Jahr 1938 erwähnenswert – auch wenn er m. E. das Ausmaß von Rassifizierungsprozessen wohl deutlich unterschätzte: „In der Politik ist die Racefrage der Klassenfrage untergeordnet, und den Imperialismus [ausschließlich] in Race-Begriffen zu denken, ist verhängnisvoll. Aber den Racefaktor als bloße Nebensächlichkeit zu vernachlässigen, ist ein Fehler, der nur weniger schwer wiegt, als ihn zum wesentlichen Moment zu erklären.“
Bis zu einem gewissen Grad werden als weiß gelesene Non-Citizens (d.h. „AusländerInnen“ oder geflüchtete Menschen ohne Bürgerrechte) aus den Peripherien (z.B. Osteuropa und Südamerika) stärker diskriminiert als nichtweiße StaatsbürgerInnen, einschließlich schwarzer und anderer nichtweißer Menschen mit Pässen aus den USA oder europäischen Staaten. Diese weiß gelesenen ImmigrantInnen sind mehr oder weniger Teil der überwiegend nichtweißen und immer weiter ansteigenden globalen Reservearmee illegalisierter Arbeitskräfte. Im Jahr 2020 betrug die Zahl der Zwangsvertriebenen weltweit über 80 Millionen Menschen. Im Westen schuften Geflüchtete beispielsweise auf Baustellen oder als ZwangsarbeiterInnen (z.B. in der Prostitution) und werden, falls ihnen der ohnehin schon dürftige Arbeitslohn nicht vorenthalten wird, meistens mit Hungerlöhnen abgespeist. Um ein anderes Beispiel zu nennen: in Frankreich vermieten einige von Lohnkürzungen betroffene Fahrradkuriere multinationaler Essenslieferketten wie Uber Eats und Deliveroo ihre Arbeits-App-Accounts an „illegale“ Geflüchtete, die nicht selten noch minderjährig sind. Im Gegenzug erhalten sie 30 bis 50% der auf Stücklohn beruhenden Lieferserviceerträge.
Auf der anderen Seite sind jene nichtweißen euro-amerikanischen Minderheiten, die ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht besitzen – auch wenn sie wohlhabend und hochqualifiziert sind – derzeit immer öfter faschistischen Mobs, rassistischer Gewalt und Terrorismus ausgesetzt. Seit Jahrzehnten, wenn nicht gar Jahrhunderten, wurden sie zudem Opfer heftiger Polizeigewalt, systematischem Racial Profiling und struktureller Diskriminierung auf dem Arbeits- und Wohnungsmarkt; eine Normalität, die weißen euro-amerikanischen Bevölkerungsgruppen heutzutage zumeist erspart bleibt. Tatsächlich laufen schwarze Menschen in den USA permanent Gefahr, von der Polizei verhaftet oder getötet zu werden, mehr oder weniger unabhängig von ihrem Status und Einkommen (wobei Geld und Macht sicherlich dazu beitragen, diese Gefahren zu mindern).
Die verschiedenen globalen Nationalbourgeoisien haben oft ähnliche Interessen. Abgesehen von den „ArbeiterInnenaristokratien“ gilt dies auch für weite Teile der internationalen ArbeiterInnenklasse. Daher ist Solidarität unter PoC kein Wert an sich, sondern hängt sehr stark vom jeweiligen Kontext ab. In der Tat sind, könnten und sollten weiße Menschen aus der ArbeiterInnenklasse als potentielle Verbündete für alle Arten von emanzipatorischen Bewegungen betrachtet werden, vorausgesetzt, sie sind nicht rassistisch, frauenfeindlich usw. und auch zur Kooperation bereit. Im Gegensatz dazu versteht es sich von selbst, dass nichtweiße KriegsverbrecherInnen, Diktatoren, autoritäre HerrscherInnen und kapitalistische MilliardärInnen – die sich allesamt auf Kosten ihrer ausgebeuteten und unterdrückten Bevölkerungen und ArbeiterInnen bereichern und ermächtigen – niemals Teil einer genuin progressiven Allianz sein können.
Kurz gesagt, das Verstehen der tiefgreifenden Beziehung zwischen Race, Klasse und Geschlecht ist ein kompliziertes Unterfangen. Obwohl diese Kategorien in einem Netz intersektionaler Beziehungen miteinander verwoben sind, sollten sie ebenso unabhängig voneinander, d.h. aus sich selbst heraus verstanden werden. Einerseits scheint es unwahrscheinlich, dass die Rassifizierung und strukturelle Diskriminierung schwarzer und anderer nichtweißer Menschen signifikant abnehmen wird, solange die gegenwärtigen kapitalistischen sozioökonomischen Strukturen und Herrschaftsverhältnisse bestehen bleiben. Andererseits führen Empowerment und die Verbesserung der Lebensbedingungen von PoC nicht automatisch zu weniger Rassismus, da rassistische Ideologien nicht auf rein materialistischer Basis erklärt werden können. Gleichzeitig können sich die unterprivilegierten Klassen in der „entwickelten Welt“ nicht nachhaltig emanzipieren, wenn die Mehrzahl der Menschen auf unserem Planeten in Fesseln lebt. Karl Marx brachte 1866 dieses dialektische Verhältnis von Klasse und Race prägnant auf den Punkt, als er schrieb: „Die Arbeit in weißer Haut kann sich nicht dort emanzipieren, wo sie in schwarzer Haut gebrandmarkt wird.“
# Titelbild: Sowjetisch-chinesisches Propagandaplakat zur Stärkung der Kooperation der beiden Staaten, Ausschnitt