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Österreich hat einen neuen TV-Star. In einem fulminanten Big-Brother-Revival reüssierte der ehemalige Neonazi-Wehrsportler und heutige Vizekanzler Heinz-Christian Strache mit einer grandiosen Performance als Provinz-Escobar mit Hitler-Faible, genial begleitet von seinem Adlatus, Johann Gudenus, Klubobmann der rechten FPÖ.

Das Filmchen zeigt die beiden Berufspolitiker, wie sie in einer Villa auf Ibiza versuchen, eine (vermeintliche) russische Oligarchin zu überreden, am Rechnungshof vorbei an die Freiheitliche Partei Österreichs zu spenden. Sollte die Oligarchin zudem die (auch ganz ohne Einflussnahme stramm rechte) Kronen-Zeitung kaufen und noch weiter auf Linie trimmen, stellen ihr die beiden Faschisten Staatsaufträge in Aussicht.

Das Video ist lustig. Und man kann es kaum ohne Schadenfreude ansehen. Dennoch liegt das Wesentliche nicht darin, dass Strache ein „Prahler“ (Süddeutsche Zeitung) ist. Um das zu wissen, hätte es keiner Enthüllung bedurft. Die Betonung, dass er Österreich an eine „Russin (!!!)“ verkauft hätte, geht auch am entscheidenden Punkt vorbei. Und ebenfalls nicht besonders überraschend ist, dass Strache und Gudenus sich gerne mal Vodka-Redbull mit Koka-Dip gönnen.

Die Pointe des Ibiza-Auftritts liegt darin, dass Strache der von ihm umworbenen Darstellerin einige Großspender seiner „Partei des kleinen Mannes“ nennt – und auch erwähnt, warum die (allegedly, vorläufig) an ihn und die Seinen zahlen. Sie seien „Idealisten“, in Straches Worten: sie wollen „Steuererleichterungen“.

Zu den Genannten gehören einige der reichsten Österreicher: Gaston Glock, ein Waffenhändler, dem seit langem ein Faible für die rechte FPÖ nachgesagt wird; Heidi Horten, Erbin eines aus Arisierungen zusammengeraubten Milliardenvermögens; René Benko, ein bereits wegen eines Korruptionsfalles verurteilter Immobilienspekulant; und Novomatic, ein Glückspielkonzern mit dubioser Reputation.

Nun haben wir zwar kaum einen Grund anzunehmen, dass die anderen bürgerlichen Parteien farben- und spektrenübergreifend nicht genau dieselben Ibiza-Gespräche führen (wenngleich sicher deutlich professioneller als die zu rasch aufgestiegenen Wirtshausrassisten). Was sich aber doch zeigt, ist, dass die diversen faschistischen Parteien für einen besonders reaktionären Teil des Großkapitals immer mehr zum attraktiven Personal zur Durchsetzung ihrer Interessen werden.

Das hat mehrere Gründe: Den Grölglatzen von NPD&Co. traute man diese Funktion nicht zu, abgesehen davon hätten sie keine Wahlen gewonnen. Der neue Faschismus – von der deutschen AfD über den Front National bis eben zur FPÖ – tritt deutlich professioneller auf, und wichtiger noch für die besitzende Klasse: er hat ein klar neoliberales Wirtschaftsprogramm. Das kombiniert er mit der zu jeder Zeit beim Kapital beliebten Funktion der Ableitung der Wut nach unten. Schuld an der Misere sind dann nicht die Heidi Hortens oder René Benkos, sondern wahlweise Geflüchtete, emanzipierte Frauen* oder Erwerbslose.

Das alles ist nicht neu. Das Gute an diesem Video ist aber, dass es diese Funktion des Faschismus dem geneigten Publikum noch einmal unzweifelhaft vor Augen führt. Faschisten sind keine Gegenbewegung zur „Elite“, sie sind deren Reserve für den Fall, dass etwas ruppiger administriert werden muss.

Deshalb ist – bei aller nachvollziehbaren Freude über den bevorstehenden Absturz des Hetzers Strache – auch Vorsicht vor zu rascher Erleichterung geboten. Die Tendenz zur Faschisierung der kapitalistischen Nationen ist eine globale. Und von Brasilien über die USA bis nach Ungarn sind es einflussreiche Fraktionen des Kapitals, die die Rechten aufgepäppelt haben. Das hört nicht deshalb auf, weil einer von den Ziehsöhnen so dumm ist, einer Schauspielerin auf Peppen und Schnaps seine Lebensgeschichte zu erzählen.

Ohne das neofaschistische Personal zu verharmlosen, braucht es eine gesellschaftliche Debatte über die Heidi Hortens, Gaston Glocks und René Benkos dieser Welt. Denn wer die Grundlagen von deren Macht und Reichtum nicht zerschlägt, den werden auch fünfzehn Staffeln von Faschos in komprimittierenden Posen nicht vor dem Rechtsruck retten.

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