Polizeigewalt. Empörung reicht nicht

17. Dezember 2019

Autor*in

Bafta

Ich saß vor kurzem im ICE neben einem Polizeibeamten in Uniform, der „Scherze“ darüber machte, dass er, seit es das Antidiskriminierungsgesetz gibt, nicht mehr machen könne was er wolle. Er stammelte, nachdem er die erschrockenen Gesichter sah, hinterher, dass das natürlich nicht heißt, dass er es vorher konnte, aber es war zu spät. Alle um ihn herum schauten peinlich berührt weg. Alle haben den „Scherz“ verstanden. Diese Art von Humor ist nicht selten bei Polizist_innen und lässt tief blicken. Erst vor kurzem machte sich die Polizei Berlin in einem Twitterkommentar über Polizeigewalt lustig. Das verursachte viel Empörung, zu Recht. Aber allein Empörung über dergleichen Witze reicht nicht aus. Das Problem liegt nicht am unsensiblen Umgang mit Polizeigewalt, sondern eben an der Gewalt und ihren Ermöglichungsbedingungen selbst.

Die Schenkelklopfer der Cops sind mehr als markaberer Humor. Die Polizei ist vor allem in der Lage, sich über Polizeigewalt lustig zu machen, weil es für sie in der Regel keinerlei Konsequenzen gibt. So wie wir eben Witze darüber machen, bei rot über die Straße zu gehen. Betroffene von Polizeigewalt haben kaum Aussicht auf Ahndung des Unrechts. Die Polizei hat einen unvergleichlichen Korpsgeist: Kolleg_innen sagen meistens nicht gegeneinander aus oder ermitteln nicht gegen andere Polizist_innen. Unabhängige Beschwerde- und Ermittlungsstellen gibt es bislang auch keine. Was Gewaltopfer in der Regel bekommen ist eine Gegenanzeige, meistens Widerstand gegen die Polizeigewalt, wenn sie es wagen der Polizei auf die Uniform zu bluten, manchmal noch Sachbeschädigung von Staatseigentum.

Gerade die Polizei Berlin tut sich durch Rassismus immer wieder hervor. Das liegt vor allem daran, dass sie sogenannte „kriminalitätsbelastete Orte“ geschaffen hat, die der Polizei die Möglichkeit geben wahllos (vor allem nicht-weiße) Menschen zu kontrollieren, ohne dass sie die Kontrollen rechtfertigen müssen. Das wird natürlich voll ausgenutzt.

Polizeigewalt ist kein Problem individueller Polizist_innen und es ist auch kein Problem mangelnder Reflektion. Sie wissen was sie tun und sie tun es, weil sie es können. Also muss man dafür sorgen, dass sie es nicht mehr können, indem ihnen die Befugnisse entzogen werden und ernsthafte Konsequenzen im Raum stehen. Die eigene Gewalt wird für die Polizei erst dann aufhören, ein Witz zu sein, wenn die Konsequenzen für sie ernst sind.

#Titelbild, Quelle: https://www.flickr.com/photos/rczajka/6427732389

Schreibe einen Kommentar Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Ein Kommentar über “Polizeigewalt. Empörung reicht nicht”

    thoolb 26. Dezember 2020 - 3:16

    Schade dass der Artikel nicht erwähnt, welche Rolle die Staatsanwaltschaft im Verhältnis zur Polizei bei der Strafverfolgung spielt. z.B. dass sie selbst kaum ahndet, fahndet, untersucht, investigiert, sondern damit die Polizei beauftragt – mit der sie es sich folglich nicht verscherzen möchte, und deshalb nur ungern eine Klage gegen die Polizei bewilligt. Würde der Artikel diesen Zusammenhang erwähnen, dann würde auch sein Ende weniger vage und hoffnungslos klingen mit „ernste Konsequenzen“ im Stil von „Jemand müsste mal dieses&jenes tun“ – ohne hier jemand oder jenes halbwegs konkret zu benennen.