Gegen Patriarchat, Rassismus und Kapitalismus – am Frauen*kampftag geht es ums Ganze. Gespräch mit Friederike Benda
Friederike Benda, 31 Jahre alt, hat das Bündnis Frauen*kampftag mit ins Leben gerufen, ist im Frauenstreik Komitee Berlin und in der LINKEN aktiv.
Was ist das Frauen*kampftag-Bündnis in Berlin?
Vor sechs Jahren haben wir versucht, trotz notwendiger Benennung aller Differenzen und Widersprüche innerhalb der feministischen Bewegung unsere Gemeinsamkeiten in den Vordergrund zu stellen. Nicht, weil wir Frauen alle gleich wären, sondern weil sich unser Wir über gemeinsame Forderungen herstellt. In Zeiten, in denen Feminismus zum Teil selbst zu einem neoliberalen Projekt geworden ist – etwa der »Hillary Clinton Feminismus« -, wollen wir deutlich machen, dass wir uns nicht mit Verbesserungen für wenige Frauen abgeben. Wir wollen ein sorgenfreies Leben für alle Menschen. Wir lassen uns nicht durch Frauenquoten und Antidiskriminierungsstellen ruhig stellen, auch wenn wir deren Notwendigkeit nicht in Frage stellen.
Als Bündnis wollen wir gute Arbeit und soziale Absicherung, wir stehen geschlossen und laut gegen rechts, wir zeigen klare Kante gegen Sexismus und Gewalt, wir brauchen selbstbestimmte reproduktive Rechte, wir stellen uns gegen Diskriminierung und Rassismus, wir setzen uns für eine friedliche und abgerüstete Gesellschaft ein, wir denken Umwelt- und Klimaschutz braucht Feminismus. Unser Feminismus ist eine leidenschaftliche Kampfansage an die herrschenden Verhältnisse global und konkret bezogen auf dieses Land, in denen Pflegekräfte sich kaputt schuften, immer mehr Menschen mehr als einen Job brauchen, um über die Runden zu kommen, Armut ein krass weibliches Gesicht hat, jeden dritten Tag eine Frau durch den Partner oder Ex-Partner getötet wird, Familiennachzug verhindert und Kriege geführt werden.
Wer ist bei euch aktiv?
Wir haben es geschafft, als Bündnis den 8. März in Berlin politisch wiederzubeleben und verschiedenste feministische Akteurinnen für eine Zusammenarbeit zu versammeln. Unseren Aufruf haben damals mehr als 100 Gruppen und Organisationen unterstützt, die ein sehr breites Spektrum abbilden. Aber wir wollen nicht dabei stehen bleiben an einem Tag des Jahres unsere Anliegen auf die Straße zu tragen. Wir wollen kontinuierlich Synergien nutzen, die eine überparteiliche und organisationsübergreifende Arbeit mit sich bringt.
Auf eurer Demo können auch Männer mit laufen. Was ist aus eurer Perspektive die Rolle von Männern in feministischen bzw. antipatriarchalen Kämpfen?
Männer haben ganz einfach eine Verantwortung, feministische Anliegen sichtbar zu machen und sich mit den Anliegen und Kämpfen von Frauen auseinanderzusetzen und sich nicht nur mit einem Transparent auf einer Demo zu schmücken. Ich habe vollstes Verständnis für autonome Frauenräume und Demos, finde aber, dass es eine strategische Frage ist und zwar nicht allein, um mehr Masse zu generieren. Männer können auf unseren Demos auch noch einiges lernen. Darüber hinaus haben wir einige der grundlegenden Aufgaben an Männer verteilt, sodass wir uns als Organisierende mehr auf Inhalte und Repräsentation kümmern können. Viele von uns gehen jeden März krass auf dem Zahnfleisch, weil wir massig an politischer Arbeit zu erledigen haben. Dann wollen wir uns auf das Wesentliche konzentrieren können. Letztlich denke ich, dass Feminismus als emanzipatorisches Projekt für alle unabdingbar ist. Selbst- und Gesellschaftsveränderung können nur Hand in Hand gehen – dafür müssen auch Männer mit uns und an sich arbeiten.
Seit dem 8. März 2016 wird weltweit zu einem Internationalem Frauenstreik aufgerufen. Auch in Deutschland haben sich seit letztem Jahr Streikkomitees gebildet und dem Aufruf angeschlossen. In Berlin sind Streikposten ab früh morgens um 6 Uhr vor der Charité sowie Streikfrühstücks in verschiedenen Kiezen geplant. Eine Sitzaktion um 5 vor 12 zentral auf dem Robert-Koch-Platz sowie dezentral an vielen anderen Orten Berlins, wie dem Hermannplatz in Neukölln, sind geplant. Streikt ihr auch?
Als Bündnis Frauen*kampftag sind wir ein Teil der Streikbewegung. Ich sehe keine politische oder inhaltliche Trennung zwischen Streik und Kampftag. Ein Streik muss meines Erachtens auch immer einen kollektiven und verbindenden Ausdruck finden, dafür bietet sich eine Demonstration an. Hier werden unsere Forderungen vermittelt und das Gefühl der Vereinzelung überwunden. Ich selbst bin in beiden Initiativen aktiv, für die Zukunft sollte das strukturell auch viel enger zusammenlaufen. Dem steht meines Erachtens auch gar nichts im Weg – wir alle sagen: Kapitalismus, Patriarchat, Rassismus sind Machtverhältnisse, die uns ein gutes Leben verunmöglichen. Am globalen Aufschrei um 17 Uhr werden wir uns auch auf der Demo beteiligen und diese mit einer Streikversammlung schließen.
# Interview: Eleonora Roldán Mendívil