Die Helden von Arnon – Interview mit einem PKK-Genossen (Teil 2 von 3)

3. Februar 2022

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Gastbeitrag

Alle Kräfte der PKK standen zu dem Entschluss zu kämpfen und Widerstand zu leisten. Somit verband sich die Entschlossenheit der GenossInnen mit dem Beschluss der Partei. Es sollte zu einem großen Krieg kommen und wir würden bereit sein.

Das Interview ist ursprünglich in türkischer Sprache erschienen auf Yeni Özgür Politika: https://www.ozgurpolitika.com/haberi-arnon-kahramanlari-154614. Für leichtere Verständlichkeit wurde die deutsche Übersetzung an einigen Stellen leicht angepasst. (Teil 2 von 3, Teil 1 findet ihr hier)

Von EMRULLAH BOZTAŞ
Übersetzt von Tekoşin Şoreş & Kerem

Es war der 2. Juni 1982, die Uhr zeigte 17:00 Uhr an. Im Radio wurde verkündet, dass Israel vom Boden, aus der Luft und vom Meer eine Offensive zur Besetzung des Südlibanons begonnen hatte. Ariel Sharon war damals der Verteidigungsminister Israels. Aufgrund der Luftangriffe auf die Burg Arnon (Burg Beaufort), für deren Verteidigung eine Gruppe von PKKlerInnen bereitstand, war auch zuvor schon klar, dass es zu dieser Besetzungsoffensive kommen würde. Der Lärm der Schüsse in der Ferne kam immer näher. Xalid Çelik, der selbst an der Nebatiye-Front im Südlibanon gekämpft hat, berichtet uns, wer am Kampf alles beteiligt war und wie er verlaufen ist.

An welche revolutionäre Organisationen vor Ort erinnern Sie sich?

Von der türkischen Linken sah ich selbst nicht viele dort. Vor uns soll Dev-Yol (deutsch: Revolutionärer Weg) dort gewesen sein. Zu unserer Zeit waren nicht mehr viele von ihnen da. Türkische Organisationen nutzten Palästina in der Regel als Stufe zum Übergang nach Europa. Auch bei KurdInnen kam dies individuell vor. Ansonsten waren dort jeweils eine Gruppe von Sami Abdurrahman und der DDKD („Devrimci Doğu Kültür Ocakları“, Deutsch: Revolutionäre Kulturstätte des Ostens). Diesen bin ich selbst begegnet. Aus Eritrea und Haiti waren RevolutionärInnen da. Mit den HaitianerInnen befanden wir uns am selben Ort. Es waren diese HaitianerInnen, die auch später zurück in ihre Heimat sind und eine Revolution vollbracht haben. Die Restlichen waren zum Großteil individuell vor Ort; viele ArbeiterInnen. Ihre Zahl überschritt die Zahl derer, die für die Revolution vor Ort waren. Für viele unorganisierte Individuen fand sich dort eine Möglichkeit, Unterhalt zu verdienen.

Wie war die Situation des palästinensischen Volkes? Was war Ihr Eindruck unter den Umständen des Krieges? Wo waren Sie, als der Krieg im Südlibanon begann?

Vom Massaker in den Flüchtlingslagern Sabra und Shatila erfuhren wir erst, als wir dorthin gingen. Das war im Südlibanon einer der Hauptzufluchtsorte von PalästinenserInnen, die ins Exil gehen mussten. Israel hatte hier mehrmals mit Luftangriffen Massaker durchgeführt. Als Vergeltung schlugen palästinensische Organisationen mit Mörsern und Raketen zurück. In der Grenzregion kam es zu solchen Angriffen. Manchmal gingen sie auch für Aktionen nach Israel rein. Am 2. Juni änderte sich schließlich alles. Davor hatten die palästinensischen Gruppen Informationen erhalten. Man hatte den Krieg erwartet. Zwar hatte niemand vorhergesehen, dass der ganze Südlibanon besetzt werden würde; in der Grenzregion jedoch hatten sich auch die PalästinenserInnen einigermaßen vorbereitet und positioniert.

Unter dem Dach der Fatah wurden auch wir, eine Gruppe von PKKlerInnen, in den ländlichen Regionen von Nebatiye in Stellung gebracht. Nebatiye ist eine schöne Stadt am Mittelmeer. Es wachsen dort viele Zitrusfrüchte. Ihre Menschen sind sehr respektvoll und gutmütig. Die Stadt liegt nah am Ort Sayda. Auch wenn viele aufgrund der Wahrscheinlichkeit, dass es zum Krieg kommt, die Stadt verlassen hatten, waren dennoch zahlreiche ZivilistInnen in ihren Häusern und auf ihren Feldern geblieben, da sie nicht mit einem derart brutalen Angriff rechneten.

Es wurde intensiv Propaganda betrieben und behauptet, dass es einen israelischen Angriff geben würde. Bereits zehn Tage waren sind manche GenossInnen aus der Führung zu uns ins Camp gekommen. Genosse Sabri hatte damals gesagt: „Wir werden als Partei, entsprechend unserer Stärke, an der Seite der PalästinenserInnen im Krieg kämpfen.“ Die Partei hatte zwar diesen Beschluss gefasst, aber es wurde den GenossInnen überlassen, ob sie kämpfen wollten oder nicht. Die kranken GenossInnen wurden nach Beirut geschickt. Von acht Personen waren sechs geblieben. Auch ich hatte mich entschlossen zu kämpfen. Der Beschluss zum Krieg war gefasst und er sollte umgesetzt werden. Auch unsere andere Gruppe, die unter der Führung von Sari Ibrahim ebenfalls unter dem Dach der Fatah kämpfte, hatte beschlossen zu kämpfen.

In der als Burg Arnon bekannten Qalat el Şaqif waren noch ein paar weitere Gruppen von GenossInnen. Die eine befand sich unter dem Kommando der DFLP, die andere unter dem Kommando der PFLP. Dort waren wir stärker. Auch diese Gruppen fasste den Beschluss zur Kriegsbeteiligung und teilte diesen der Partei mit. Die Entschlossenheit zum Kampf und zum Widerstand wurde in der gesamten Basis der PKK akzeptiert. Der Beschluss der Parteiführung wurde mit der Entschlossenheit der FreundInnen gefestigt. Der große Kampf stand bevor und wir standen bereit.

Ich will hier auch ein wenig auf Qalat el Şaqif eingehen. Wir waren schon eine Weile dort. Unser Stützpunkt war strategisch auf einem Hügel direkt gegenüber der Grenze errichtet worden. Die grundlegenden Vorbereitungen waren getroffen. Im Untergrund gab es breite Tunnel. Auch wir hatten an diesen Tunneln gearbeitet. Sie lagen strategisch günstig. Deshalb arbeiteten wir zwei bis drei Tage die Woche an diesen Tunneln. Es hatte also schon eine Vorbereitung auf den bevorstehenden großen Krieg gegeben. Diese Vorbereitungen stärkten auch unser Selbstbewusstsein und gaben uns Vertrauen. Wir dachten, dass nach so viel logistischer und allgemeiner Vorbereitung die israelische Armee spätesten hier gestoppt werden würde. Ein Teil der PalästinenserInnen war aber zwiegespalten.

Als der Genosse Sabri mit uns eine Sitzung abhielt, sagte er offen, dass wir andere Sachen, die uns zu Ohren kämen, nicht beachten sollten und dass der Krieg zu hundert Prozent bevorstand. In derselben Sitzung fragte er nach den Kranken und denjenigen, die nicht in diesen Krieg wollten. Außer den kranken FreundInnen hatte sich niemand vor dem Krieg gedrückt. Sabri betonte, dass niemand verpflichtet sei, zu kämpfen. Auch das hatte die Parteiführung bei ihrem Beschluss berücksichtigt. Das war die Haltung der Partei. Wir, sechs FreundInnen, haben daraufhin beschlossen, in Nebatiye zu kämpfen.

Der Krieg begann am 2. Juni mit intensiven Luftangriffen. Die Israelis hatten die Grenze zwar überquert, dann jedoch angehalten. Auch sie bewegten sich je nach Situation. Auf unserem Stützpunkt war ein hochgelegener Aussichtspunkt. Einmal sind wir hochgeklettert, um Ausschau zu halten. Die berüchtigten israelischen Spähflugzeuge kreisten über unseren Köpfen. Auch die Kampfjets bombardierten uns. Dennoch war der Kampf ausgeglichen. Schwere Waffen waren im Einsatz. Harte Gefechte fanden statt. Die PalästinenserInnen antworteten mit Mörsern und Granaten. Wir kämpften mit kleineren Waffen. Da wir mit der Zeit auch ein wenig ihre Sprache gelernt hatten, bekamen wir wage mit, dass auf der Burg ein großes Gefecht stattfand. Die israelischen Kräfte hätten nicht in die Qalat el Şaqif eindringen können. Diese Information gab uns viel Kraft und Motivation. Es fand ein großer Krieg statt. Nicht ein oder zwei, sondern dutzende Flugzeuge griffen uns gleichzeitig an. Unsere Gruppe auf der Burg bestand aus neun Personen, zusammen mit der der DFLP. Die andere Gruppe von uns war in der Defensiv-Formation. Bei ihnen fiel keiner, aber alle neun Freunde, die die Burg verteidigten, sind gefallen.

Festung Arnon (Qalat eş Şaqif)

Wann und wie habt ihr davon erfahren, dass die Freunde gefallen sind?

Ich glaub es war der siebte oder achte Tag. Bis dahin hatte sich von den palästinensischen Einheiten keine zurückgezogen. Sie verwendeten das Wort Şehit (Märtyrer) nicht und sagten stattdessen einfach „gestorben“. Sie sagten uns, dass in den Kämpfen „manche Kurden“ gestorben sind. Es war Krieg und der Tod war unumgänglich. Deshalb konnten wir verstehen, dass es auch zu Gefallenen kommen konnte. Wir wussten aber nicht wer gefallen war und wer noch lebte.

In unserer Gruppe war niemand gefallen. Wir befanden uns in einer Höhle. All unsere Waffen samt Munition waren bei uns. Wir nahmen alles, was wir brauchten, aus der Höhle. Unsere Aufgabe war, die Einfahrtsstraße nach Nebatiye zu halten, über die die Panzer kommen konnten. Die Straße war aus fester Erde und nicht aus Asphalt. Von dort kamen dann die Panzer. Jeder von uns hatte eine Biswing (B7-Raketenwerfer). Was hätte uns denn die Kalaschnikow gegen diese Panzer gebracht? Wir schlugen mit Biswings zu. Wenn ein Panzer getroffen wurde, blieb er stehen, die anderen zogen sich dann eine Ebene zurück und bewegten sich nach einer Weile wieder vorwärts. Wir ließen nicht zu, dass die israelische Armee auf dieser Linie vorwärtskam. Hin und wieder kam der palästinensische Kommandant und versuchte uns mit einem „Bravo“ oder „Wenn ihr nicht wärt, wären wir verloren“ zu motivieren. Die Gefechte hielten tagelang an. Zwar stand unsere Front sehr unter Druck, aber wir haben uns dennoch nicht zurückgezogen. Sie konnten nicht an uns vorbei. Das Schlechte war, dass andere Fronten zum Teil zusammenbrachen oder durchbrochen wurden. Dort konnte die israelische Armee vordringen und uns dann umzingeln. Wir hatten nicht mitbekommen, dass ganz Nebatiye schon besetzt worden war. Irgendwann am neunten oder zehnten Tag des Krieges merkten wir, dass um uns herum keine PalästinenserInnen mehr waren. Wir hörten auch keine Fahrzeuge mehr in unserer Nähe. Aus der Stadt selbst kam aber sehr starker Fahrzeug- und Gefechtslärm. Derweil hielten die Luftangriffe weiterhin ununterbrochen an. Auch der palästinensische Kommandant war seit einer Weile nicht mehr gekommen. Dann wurde uns klar, dass sich alle zurückgezogen hatten und nur wir immer noch diese Straße hielten. Die israelische Armee hatte an einem anderen Punkt schon längst ihr Glück versucht und die Front durchbrochen. Unsere Position war zwar nicht sehr hoch, befand sich aber dennoch auf einer höhergelegenen Gebirgskette. Vor uns war die israelische Armee, hinter uns die Stadt. Wir verteidigten in gewissem Sinne den Durchgang zur Stadt. Als es Nacht wurde haben wir uns zusammengesetzt und beschlossen, dass auch wir uns zurückziehen würden. Wir dachten uns, dass wir uns am besten, so weit es geht, Richtung Norden begeben sollten. Dort lagen die Berge Südlibanons über die wir uns bis in die Bekaa-Ebene zurückziehen konnten. Wir brachen nachts auf und erreichten im Morgengrauen Nebatiye.

Die Stadt brannte komplett. Überall waren zerstörte Gebäude; die Straßen voller Leichen; umgestürzte Bäume, durchlöcherte Fassaden. Allein auf der ersten Straße, die wir betraten, lagen acht bis zehn Leichen auf dem Boden, die unkenntlich waren. Nur anhand ihrer Fedai-Kleidung (Widerstandstracht) sahen wir, dass es palästinensische KämpferInnen gewesen sein mussten. Wir hätte in diesem Zustand nicht mal unsere eigenen GenossInnen erkennen können.

In jenem Moment habe ich etwas erlebt, das ich unbedingt mit euch teilen muss. Die Vorderfassaden der meisten Gebäude in der schönen libanesischen Kleinstadt Nebatiye waren aufgrund der Gefechte zum Großteil eingestürzt. Die Einschusslöcher waren offensichtlich von Panzern. Die Straßen waren voll von umgestürzten tragenden Säulen der Gebäude. Überall lagen Tote und Verletzte. Inmitten dieses Tumults sahen wir einen alten Mann. Das war äußerst komisch. Auf den Straßen war außer den Verletzten sonst kein Anzeichen von Leben zu sehen. Er saß vor der eingestürzten Mauer eines Hauses. In Nebatiye gab es kleine Hocker, ähnlich, wie die in Amed. Auf einem solcher Hocker saß er, hatte neben sich seine Wasserpfeife aufgestellt und zog daran. Ich hielt für einen Moment an und beobachtete ihn. Er war wie tot, zog aber dennoch weiter daran. Was er wohl gesehen haben muss, um sich in einen lebendigen Toten zu verwandeln? Wir konnten nicht verstehen, ob er sich im Schock befand oder all die Erlebnisse ihn einfach gleichgültig gemacht hatten. Dann zogen wir weiter. Jahre später haben auch wir uns in manchen schwierigen Momenten immer wieder gedacht: „Eine Wasserpfeife wäre jetzt gut“.

Wir mussten uns beeilen. Weiter vorne floss in einem flachen Tal ein kleiner Bach. An manchen Stellen des Mäanders war Schilf. Wir waren weiterhin dabei unseren Plan umzusetzen, auf dem schnellsten Wege Richtung Norden, in die Berge Südlibanons zu gelangen. Als wir am Schilf standen, merkten wir, dass da jemand war. Auch sie hatten uns bemerkt. Unsere Finger waren am Abzug unserer Waffen. Jeden Moment konnte ein Gefecht ausbrechen. Dann sahen wir, dass wir dieselben Kleider anhatten. Sie waren PalästinenserInnen von der zusammengebrochenen Front. Wie wir, versuchten auch sie in den Norden zu gelangen. Wir konnten uns nur schwer mit Händen und Füßen verständigen und beschlossen dann, uns gemeinsam mit ihnen zu bewegen. Die FreundInnen auf der Burg Arnon und die anderen, die nicht in unserer Gruppe waren, konnten sich sicherer zurückziehen. Wir wussten das aber nicht. Das haben wir erst später erfahren. Wir waren die letzte PKK-Gruppe; es herrschte unter uns ein kurdischer, apoistischer Stolz. So einfach wollten wir unsere Position nicht verlassen. Für die Gefallenen auf der Burg Arnon nennen manche FreundInnen den 18. Juni als Todesdatum. Aber zu dieser Zeit war der Krieg schon lange zu Ende und die Freunde bereits gefallen. Dieses Datum stimmt also nicht.

Abdullah Kumral (1955-Cibin-Halfeti), Mehmet Atmaca (1957-Cibin-Halfeti), Mustafa Marangoz (1961-Çermik),
İsmet Özkan (1962-Suruç), Şahabettin Kurt (1962-Nusaybin), Kemal Çelik (1956-Keban), İrfan Ay (1963-Bismil),
Şerif Aras (1957-Derik), Emin Yaşar (1960-Kozluk), Veli Çakmak (1960-Dersim),

Kennen Sie das genaue Datum?

Nicht das genaue, aber es muss so circa zwischen dem 10. und 12. Juni gewesen sein. So wie wir das gesehen haben, gab es nämlich nach diesem Datum keine Luftangriffe mehr auf die Burg. Nachdem niemand mehr auf der Burg am Leben war, fiel sie.

Wir sind mit den Palästinensern weitergelaufen. Während dieses Marsches begegneten wir zufällig einer Gruppe israelischer Panzer. Vielleicht wurden wir verraten, vielleicht auch ausgespäht. Es ist nicht möglich, das genau herauszufinden. Sie griffen uns an. Es kam auch dort zu einem ernsthaften Gefecht. Zahlreiche palästinensische KämpferInnen sind dort gefallen. Auch das Bein eines Genossen von uns wurde von fünf Kugeln getroffen. Wir wussten nicht, ob die israelische Armee mit der BKC (Maschinengewehr) schoss oder eine andere Waffe nutzte. Unser Genosse war zu Boden gefallen. Das Gefecht wurde immer intensiver. Den verletzten Freund haben wir nicht zurückgelassen. Einerseits kämpften wir, andererseits zogen wir uns in Richtung der Berge zurück. Den Freund konnten wir eine Zeit lang getragen. Nach einer Weile hatten wir uns außerhalb des Gefechtes gebracht. Als die PalästinenserInnen sahen, dass wir unseren Genossen nicht zurücklassen wollten, sagten sie, dass das Haus eines Imams in der Nähe sei, wo auch sie ihre Verletzten hingebracht hätten und wo auch wir unseren Freund unterbringen könnten. Wir haben das nicht akzeptiert. Wir waren entschlossen, unseren Genossen so weit auf unseren Rücken zu tragen, wie es ging. Obwohl sie uns dazu drängten, ließen wir ihn nicht zurück.

Eine Nacht lang liefen wir durch eine bergige Region. In uns entstand die Hoffnung, dass wir die Umzingelung durchbrechen könnten. An einem Punkt standen wir vor flachem Land, das wir durchqueren mussten. Dort gerieten wir zwar wieder in einen Hinterhalt, konnten uns aber retten. Ich kann mich nicht an den Namen dieser Region erinnern; ich weiß aber, dass dort keine MuslimInnen sondern ChristInnen lebten. Die PalästinenserInnen nannten sie Kelxaliker. Das war ein sehr weiträumiges Gebiet. Auch diese griffen uns an. Zahlreiche PalästinenserInnen sind dort gefallen.

Da wir die Region nicht kannten, mussten wir uns gemeinsam mit den PalästinenserInnen bewegen. Wir hatten keine andere Wahl. Darin sahen wir unsere einzige Hoffnung zum Überleben. Wir liefen hungrig und erschöpft weiter. Es war nachts, als wir durch ein Dorf liefen und einen kleinen Laden sahen. Seit Tagen hatten wir nichts gegessen und dachten uns, dass wir uns etwas zu Essen holen könnten, zumal wir einen Verletzten bei uns hatten. Wir dachten nicht daran, dass die Israelis dort in einem Hinterhalt auf uns warten können. Aufgrund der tagelangen Kämpfe hatten wir auch keine Munition mehr. Wir bemerkten nicht, dass die Israelis uns schon länger beobachteten. Sie brauchten am Ende auch nicht viel Munition. An einem offenen Punkt, wo wir uns nicht zu Wehr setzen konnten, griffen sie uns an. Die PalästinenserInnen waren circa zu zwölft und liefen vor uns. Wir hörten ein Tumult, alle standen still. Sowohl die PalästinenserInnen als auch wir wurden gefangen genommen. Hunderte SoldatInnen hielten uns fest und zwangen uns auf den Boden. Ein paar Stunden lagen wir dort. Unseren verletzten Freund nahmen sie mit.

Ich kann mich noch gut erinnern. Das Mondlicht schien intensiv. Wir sahen alles, was um uns herum passierte. Dann kamen die Fahrzeuge, die eine Art Plane hinten hatten. Unsere Hände und Füße zusammengebunden, warfen sie uns wie bei einem Holzhaufen aufeinandergestapelt auf die Fahrzeuge. Dann ging die Fahrt los. Bis in die Früh fuhren wir. Dann kamen wir an einen absonderlichen Ort in Israel, in eine Art Dorf. Überall waren Graben ausgehoben und diese mit Militärzaun umzäunt. Es gab große Zelte. Es war ein israelisches Gefangenenlager. Dort hatten wir die Möglichkeit, mit PalästinenserInnen zu sprechen und versuchten herauszufinden, was gerade passierte. Sie sagten uns, dass es auch in anderen Lagern PKKlerInnen gebe…

#Fotos: via Yeni Özgür Politika

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