Ich war lange Journalist, also war ich ver.di-Mitglied. Logisch. Dann habe ich eine Umschulung gemacht und seit einiger Zeit arbeite ich in einem klassischen Handwerksberuf, der von der IG Bau vertreten wird. Also habe ich mir die Mitgliedsformulare zur Hand genommen, um umzusteigen, schließlich sind ja meine Kollegen auch in der IG Bau, da macht das schon Sinn. Ich hatte mich sehr gefreut, umzusteigen, auch weil in dem Bereich, in dem ich arbeite, der ein oder andere Arbeitskampf längst überfällig ist.
Aber man informiert sich ja ein wenig über Gewerkschaften, in die man eintreten will, also habe ich auch das getan. Die Erwartungen waren ohnehin nicht allzu hoch in einem Land, in dem die „Sozialpartnerschaft“, also das Paktieren mit den Bossen, und der Standortnationalismus für die deutsche Wirtschaft generell über kämpferischem Gewerkschaftshandeln stehen. Aber was soll man machen, als Sozialist und Arbeiter gehört man in eine Gewerkschaft.
Nur kommt gleich der Haken: Die IG Bau hat sich offenbar entschieden, für die laufenden Wahlen zum Hauptpersonalrat (HPR) in Berlin auf einer gemeinsamen Liste anzutreten, die da heißt „Drei. Gemeinsam. Besser.“ Drei, weil drei Mitgliedsgewerkschaften des DGB sich zusammengetan haben. Einmal die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), dann die IG Bau. Und dann noch die Gewerkschaft der Polizei (GdP). Die treten gegen eine weitere DGB-Gewerkschaft, nämlich ver.di an.
Warum? Nun, es geht um die Sitzverteilung im HPR und die „Drei. Gemeinsam. Besser“ fühlen sich im Vorsitz unterrepräsentiert, weil ver.di dort acht von 13 Mitgliedernstellt. Keine Ahnung, ob das fair ist, für Außenstehende klingt es jedenfalls wie irgendein Machtkampf um Posten.
Ginge es nämlich nicht allein um lukrative und einflussreiche Pöstchen, müsste man sich schon fragen, was GEW und IG Bau geritten hat, ausgerechnet mit der GdP gemeinsam anzutreten. Schon auf einer sehr oberflächlichen Ebene wird die problematische Rechtslastigkeit dieser „Gewerkschaft“ sehr deutlich, in der bis 2015 mit Steve Feldmann ein offener Faschist Berliner Pressesprecher war. Immer wieder fällt die Gewerkschaft durch offenen Hass gegen Linke auf, zuletzt bei der Räumung der Liebig34 in Berlin. In ihrem bundesweiten Magazin werden Antifaschist*innen schon mal als „anti Mensch“ bezeichnet, sie lehnt das berliner Antidiskriminierungsgesetz, das Rasssismus in Behörden einschränken soll, vehement ab und verharmlost regelmäßig Polizeigewalt.
Man könnte die Liste von Entgleisungen dieser „Gewerkschaft“ jetzt fortsetzen, aber der Grund, warum ein solches Bündnis Müll ist, ist unabhängig von punktuellen Verbalunfällen. Polizist*innen sind keine Arbeiter*innen wie andere Arbeiter*innen, auch wenn sie lohnabhängig sind. Als Polizist*innen ist ihre zentrale Funktion die Aufrechterhaltung des Status Quo und seiner Eigentumsordnung, notfalls mit Gewalt. Klar, wenn sie als Personen nette Leute sind, können sie dann kündigen, anstatt einen Streik oder eine Revolte niederzuschlagen, aber ihre Funktion solange sie Cops sind, ist, die Macht der herrschenden Klasse abzusichern. Insofern hat die „gewerkschaftliche“ Vertretung dieser Berufsgruppe ganz andere Interessen als die von Gewerkschaften, die zumindest beanspruchen – wie reformistisch auch immer – die Arbeiter*innenklasse zu vertreten.
Was die Polizei tut, wenn Arbeiter*innen wild streiken, kann man sich aktuell in zahlreichen Ländern ansehen, von Griechenland und der Türkei über Südkorea bis nach Lateinamerika: Sie schlägt die rebellierenden Werktätigen nieder. Irgendwie zu glauben, das sei in Deutschland anders, ist eine aus generell mangelndem Kampfwillen der Gewerkschaften gespeiste Illusion, die eher im vorauseilenden Gehorsam deutscher Gewerkschaften begründet liegt als in einer halluzinierten Arbeiter*innenfreundlichkeit deutscher Cops.
Da, wo es mal ansteht, warten die hiesigen Pinkertons auch hierzulande gern mit dem Knüppel auf: In den 1970er-Jahren etwa massiv gegen wilde Streiks von migrantischen Arbeiter*innen, heute als Drohkulisse bei Aktionen von Wanderarbeiter*innen in der Landwirtschaft oder am Bau. Oder Räumkolonne bei Uni-Streiks – übrigens auch gegen GEW-Mitglieder.
Mir als einfachem Gewerkschaftsmitglied vermittelt das schräge Bündnis jedenfalls nur den Eindruck: Politische Analyse und Strategien sind denen, die bei GEW und IG Bau den Ton angeben, egal, es geht um Sitzverteilungen und Pfründe. Und das macht es wirklich schwer, da beizutreten, selbst wenn man noch so sehr an den Wert gewerkschaftlicher Organisierung glaubt.
#Titelbild: No Cop Unions, Twitter: @NoCopUnions