Der große Diktator (im Werden) – Der faschistische Scharlatan und sein Gruselkabinett (Teil 3/3)

27. Mai 2025

Die Regierung Trump 2 ist nun seit über 120 Tagen im Amt. Das Lower Class Magazine begleitet die aufkommende Barbarei in den sogenannten Vereinigten Staaten polemisch. Der dritte Teil wirft einen letzten Blick zurück auf das Kabinett und ist gleichzeitig auch ein Blick nach vorn.

von Pierre Roggen


Ein Land am Abgrund, eine Oligarchie am Feiern

Mit großer Freude und einem verbleibenden Stück Restvernunft freue ich mich diese USA Serie nun bald zu beenden. Es ist ein beschissenes Rattenloch voller blutiger “Unfälle“, welches Blicke und Gedanken bannt und dafür sorgt, dass tief in einem drin etwas abstirbt. Denn die neue verrückte Situation, und der ihr zugrunde liegende braune Brainrot, ist, wenn nicht ansteckend, so zumindest giftig. Was heute in den USA geschieht, gleicht einem Theater, bei dem die Akteure ihre Masken längst abgenommen haben. Und – Überraschung – was darunter liegt, ist wirklich nicht schön. So dürfte es niemanden, der über etwas Weitsicht verfügt, wundern, dass Trump eine 400 Millionen USD teure Boeing als Geschenk der Kataris annimmt. Das ist zwar empörend, aber in gewisser Weise ehrlich. Frühere Administrationen der größten Raubtiermaschine versuchten ihre Inkompetenz und persönliche Gier noch zu verbergen, wobei dennoch der eine (Bush/Unfähigkeit) oder andere (Cheney/Gier) scheiterte. Doch heute gehören Verrohung, Gier und Dreistigkeit zum neuen staatsmännischen Habitus. Die Gesellschaft scheint dafür polarisiert und barbarisiert genug. Es bleibt der begründete Verdacht, dass die neuen politischen Eliten das Land in Chaos und Angst stürzen wollen, um ein faschistisches System zu etablieren.

Es folgen ein paar Szenen über Inkompetenz, Gier, Selbstüberschätzung und systematischen Machtmissbrauch

Inkompetenz: Der hässliche Kennedy

Beim wortwörtlich in der Scheiße badenden Gesundheitsminister schlägt das Scharlatanerie-Messgerät direkt deutlich an. Vermutlich gab es keinen Minister, der jemals weniger fachlich und menschlich von seinen Untergebenen geschätzt wurde. Es kündigen sich viele Kürzungen im Gesundheitssektor an. Und für diesen Job ist Robert Francis Kennedy (RFK) vermutlich besser geeignet als bisher gedacht. Der durchgeknallte, aber hochgeborene RFK stellt als Ernährungsguru, Umweltanwalt und ehemaliger Heroinkonsument mit verschwörungstheoretischer Breitseite eine wunderbare Nebelwand dar. Dass ihm – nebenbei bemerkt – einmal ein Wurm Teile des Gehirns weggefressen haben soll, passt dabei wunderbar ins Bild. Wenn die republikanische Kettensäge an die Programme Medicare und Medicaid gelegt wird und der Widerstand der Bevölkerung wächst, würde er ein dankbares Baueropfer abgeben. Zumal er sicherlich schon die eine oder andere Masern- oder Vogelgrippe-Katastrophe eingefahren haben sollte. Wer hätte vor 3 Jahren gedacht, dass die USA nun einen Gesundheitsminister haben, der damals insinuierte, dass der Corona-Virus schwarze und kaukasische Communities stärker beträfe, während Aschkenasi und Chinesen höhere Immunitätslevel besäßen? Auch hier tritt die Farce in den Vordergrund und es lohnt sich gar nicht mehr die Lügen und Halbwahrheiten, die er von sich gibt, zu prüfen. Senkt fluoridiertes Wasser den IQ? Verursachen Impfungen Autismus? Kann der Typ gut für ein Gesundheitssystem am Rand des Kollapses sein? Jedenfalls misst er mit verschiedenen Maßstäben, was Familie und amerikanische Gesellschaft angeht. Überraschung: Seine Kinder sind, zumindest gegen Masern, geimpft. 

Ja, wer hätte gedacht, dass der prominente Coronaleugner einmal der Chef der Behörde sein würde, der davor noch sein erklärter Erzfeind Anthony Fauci vorstand. Um die – auch für amerikanische Verhältnisse – bekloppte Situation auszubuchstabieren: RFK hat 2021 ein 480 Seiten langes Buch über den obersten US-Virologen veröffentlicht: „The Real Anthony Fauci“. Im Buch erging er sich in Verunglimpfungen und Verschwörungstheorien, so verglich er die Impfvorschriften für Staatsbedienstete mit dem dritten Reich. Kennen wir irgendwoher? Nicht zufällig trat RFK auch auf Berliner Querdenken Großdemos auf. Nun ja. Jede Familie braucht ihr schwarzes Schaf und um aus dem Schatten seines 1963 erschossenen Präsidenten-Onkels und 1968 erschossenen Vaters zu treten, muss Junior etwas leisten. Sei es auch etwas extrem Dummes, das seine Vorfahren im Grab rotieren lässt: wie etwa die holistische Unterstützung des amerikanischen Faschismus mit biologischem Essen und alternativen Fakten. 

Wirtschaftsminister und Soros Ex-Homie Bessent

Der Yale Absolvent Scott Bessent arbeitete unter anderem für „Soros Found Management“, was einige MAGA Anhänger gar nicht so witzig finden. 1992 soll er in einer Krisensituation auf die fallenden Kurse des britischen Sterling gewettet und eine Milliarde Profite für den Fund „erwirtschaftet“ haben. Später gründete er ein eigenes Investitionsunternehmen, die „Key Square Group“, welche Milliarden verwaltete. Anfang der 2000er unterstützte er die Kampagne von Al Gore, später Obama und Clinton. Was den offen homosexuell lebenden und sehr reichen Mann wohl dazu bewegt hat auf den Faschismus-Zug aufzuspringen, lässt sich nicht sicher sagen. Seinem Geldbeutel wird es jedenfalls nicht schaden.

Er unterstützt sicherlich die Tech-Konzerne gegen die Besteuerungs- und Regulierungsversuche der EU. Beispielsweise stört Konzerne die 2022 eingeführte globale Mindeststeuer, die von 140 Ländern, inklusive der EU, weltweit erhoben wird. Die europäischen Gerichte verurteilten bspw. Apple zur Nachzahlung von 14,3 Milliarden USD Steuern. Google wurde zu einer Strafe von 2,6 Mrd Dollar verurteilt, da der Konzern seine Marktstellung ausgenutzt haben soll. Trump hatte relativ zügig nach seiner Einführung bereits ein Dekret erlassen demzufolge die USA aus der globalen Mindeststeuer aussteigen. Bessent spendete ab 2016 für Trump und hatte sich der MAGA Bewegung im Wahlkampf als Wirtschaftsberater angeschlossen. Vermutlich fungiert er als Scharnier der Trump Regierung zu den liberalen Playern der Wall Street. 

Innenminister „Mr. North Dakota“ Doug Bourgoum

Die Vita des Stanford Absolventen liest sich oberflächlich wie die altbekannte Story, dass ein stinkreicher rechtskonservativer Techbro eben in die Politik gegangen ist. Das tat er allerdings schon lange bevor Nachzügler wie Musk das für cool befunden haben. Borurgoum leitete die Great Plains Software Company aus Fargo, North Dakota, bevor das Unternehmen 2001 für über 1 Milliarde von Microsoft übernommen wurde. Danach wurde er bei Microsoft ein führender Angestellter. Fargo ist ein Zentrum des ruralen Amerikas, wo er augenscheinlich über viel Macht verfügt. So entwickelte er als Immobilienunternehmer einige herausragende Objekte und kandidierte 2016 sogar erfolgreich zum Governeur des knapp 800.000 Seelen Staates North-Dakota, der traditionell rechts wählt. Den Posten behielt er bis 2024. Sein Politik zeichnete sich dadurch aus, LGBT Personen von Adoptionen auszugrenzen. Außerdem ist die brutale Repression gegen den indigenen Widerstand beim Bau der „Dakota Access Pipeline“ hervorzuheben. Seither windet sich die „schwarze Schlange“ durch das Land zwischen North- und South-Dakota, das den Sioux einst mit Gewalt entrissen wurde. 

Auf Basis der repressiven Sicherheitspolitik, die er als Gouverneur gefahren hat, scheint er als verlässlicher Sheriff für „Law (?) & Order: MAGA Edition“ bereitzustehen. Und er steht vor keinen kleinen Herausforderungen. Denn es bleibt zu vermuten, dass RFK mit der Opioidkrise heillos überfordert sein wird. Immerhin handelt es sich um ein grassierendes Massensterben. Sicherlich konzentriert es sich auf manche Orte, an denen sich die Ausgestoßenen und Verdammten tummeln. Es ist aber auch präsent in den reichen weißen Nachbarschaften. Eigentlich müsste für ein Gesundheitsministerium, welches Verantwortungsethik zumindest simulieren sollte, der Kampf gegen Sucht ganz oben stehen. In MAGA-Amerika ist jedoch eine Bekämpfung der Süchtigen zu befürchten. Unterstützungsprogramme für Süchtige werden gestrichen oder an christliche Moral und Ideologie gekoppelt. Die Militarisierung des „War on Drugs“ erreichte einen Höhepunkt mit der Klassifizierung von Kartellangehörigen als feindliche Kämpfer, gegen die die Armee im Ausland eingesetzt werden soll. Doch wer sagt, dass dies nicht auch im Inland geschehen könnte, in nicht allzu ferner Zukunft? Bourgoum ist sicherlich weniger ein Scharlatan als ein Machtmensch. Wie weit er bereit zu gehen ist, werden wir noch sehen. 

Marco Rubio: „Florida Man“ und der seriöseste am Tisch mit Selenskyj

Ähnlich wie Bourgoum ist Rubio ein Vertreter der republikanischen Elite, wenn auch aus dem wesentlich größeren Florida (21,5 Millionen Einwohner), bekannt für seine Rentner. Es ist aber auch bekannt für seine männliche Bevölkerung, die – glaubt man dem Internet – nur aus drogenkonsumierend-vandalisierend durch die Gegend ziehenden Sonnenbrandmännern besteht. Rubio ist in seiner Erscheinung hingegen der frisch aus dem Ei gepellte Konservative. Ein Blick auf seine „Bildungspolitik“ genannte Zensuroffensive an Schulen und Hochschulen („Stop Woke Act!“) drängt einem jedoch das Bild eines ungebildeten Rotzlöffels auf, der besoffen in der Uni randaliert und dabei unschätzbaren Schaden anrichtet. Leider ist er weder besoffen (was sich vom Verteidigungsminister übrigens nicht sagen lässt) noch ungebildet. Sein Handeln ist einfach auf die Zerstörung des demokratischen Amerikas ausgerichtet. 

Die beiden Halunken Trump und Rubio werden alle Hände voll zu tun haben, die USA nach ihren Interessen neu auszurichten. Für das Austarieren der diplomatischen Beziehungen schien Rubio sowas wie Stabilität zu versprechen. Jedoch scheint Trump die Außenpolitik so vor sich herzutreiben, dass Rubio höchstens die Scherben aufkehren kann – so wie z.B. im Gespräch mit Selensky. Fraglich ist, ob Rubio eigene Positionen gegen Trump durchsetzen will oder der Logik des Aufsteigers folgend wenig Reibungsfläche abgeben möchte. Es erscheint nicht unwahrscheinlich, dass Rubio aus Karrieregeilheit jede Menge Dinge mitträgt, die ihm zumindest ästhetisch nicht passen. Es könnte sein, dass er sich als „wahren Christen“ inszeniert (siehe sein Rußkreuz), um im Falle des moralischen Bankrotts der MAGA-Bewegung auf Basis dieses politischen Kapitals die Rechte in eine Form des christlichen Faschismus zu führen. Doch genug vom Machthunger eines Karrieristen.

Was macht eigentlich der Trump Clan?

Donald Jr. leistete die meisten Wahlkampfauftritte ab, hat aber (noch) keinen offiziellen Posten erhalten. Vermutlich hält er sich fit für eine mögliche Einwechslung in der zweiten Halbzeit nach den „midterm elections“ 2026. Jared Kushner, Schwiegersohn und ehemaliger Nahostberater Trumps, hat sich ins Immobiliengeschäft zurückgezogen, wäre aber für eine Einwechslung sicherlich auch zu haben. Eric Trump regelt die Trump Kooperation und präsentiert sich im Internet mit Trump 2028 Caps. Lara, Ehefrau von Eric Trump, wird als Nachfolgerin auf Marco Rubios Senatorensitz in Florida gehandelt. Nach der Trump Nominierung war sie bis zur Wahl Co-Vorsitzende der Republikaner. Kimberly Guilfoyle ist die neuerdings ehemalige Verlobte von Donald Jr.. Sie bekam, nachdem die beiden sich getrennt hatten, den Botschafterposten in Griechenland. Cool! Mit dem Mitsotakis Clan auf Grillparties abhängen!

Richtig losgehen sollte es mit dem Familiengeschäft aber erst, wenn Trump nach 2028 noch im Amt ist. 

Linda McMahon: Bildungsministerin und Ex-Wrestling-CEO mit besten Geschäftsverbindungen und Lese-Rechtschreib-Schwäche 

Pressekonferenz zur Nutzung von AI in Schulen. Die Bildungsministerin liest von einem Blatt ab. Zur Belustigung und Bestürzung der Anwesenden spricht sie durchgehend von „A ONE“ nicht „AI“. Schlecht gebrieft ist eben halb verloren, wenn die Ministerin mehr von Wrestling als von Bildung versteht. 

Ihre Berufung ist ein weiterer Anlass die Beklopptheit des real existierenden US-Faschismus zu unterstreichen. 

Gemeinsam mit ihrem Ehemann Vince baute sie „World Wrestling Entertainment“ (WWE) zu einem milliardenschweren, börsennotierten Unternehmen auf. Gemeinsam besitzen sie heute ein Vermögen von 2,8 Milliarden USD. Eine gute Grundlage für ihre politische Karriere, der sie sich ab 2009 widmete, und deren (vorläufiger) Höhepunkt in folgender Frage illustriert wird: In welcher Realität wird eine offensichtlich unterqualifizierte Person, die nicht einmal einen Brief schreiben kann, die oberste Verantwortliche für Bildung im Land mit den angeblich besten Hochschulen der Welt? Und das ganz ohne Hohn und Spott auf sich zu ziehen.

Ihre Expertise scheint darin zu bestehen, Bildung als ideologisch geprägtes Geschäftsmodell zu begreifen: privatisieren, Profit machen, Anti-Diskriminierungsgesetze zurücknehmen, zensieren, und wer zurückbleibt oder aufmuckt, hat eben Pech gehabt. Soweit so gut, doch wie kommt diese Person nun auf diesen Posten? 

Das Ehepaar McMahon ist mit Trump schon über 30 Jahre geschäftlich verbandelt und nutzte bspw. dessen Casinos und Hotels als Austragungsorte für das Spektakel, das sie reich machte. Außerdem durfte Trump schon selbst in den Ring steigen und war zumindest zeitweise der Eigentümer vom Spinoff „WWE: RAW“. So gesehen ergibt natürlich alles wieder Sinn. 

Selbstüberschätzung: der Einsamkeit Mann der Welt und seine Neurosen

Auftritt von Elon Musk. Er erklärt Journalisten in Bezug auf DOGE, dass es schon sein könne, dass Fehler passieren werden. Diese müssten dann eben berichtet und berichtigt werden. Was er meinte, war natürlich ein „Fuck you, mir gehört der Laden“. Was soll der reichste Mann im Machtrausch auch anderes kommunizieren als: „Wenn ich Fehler mache, müsst IHR eure Energie darauf verwenden, dies in den Diskurs zu bringen und dann korrigieren WIR das. Vielleicht. Denn wir sind so mächtig. Hihi.“ Was ein Mensch mit Restvernunft hört, ist jedoch: „Warum sollte ich, Elon Musk, denn gute Arbeit abliefern? Mir gehört der Laden. Leider bin ich total beschäftigt mit meinen Unternehmen und meinem Status, was aufgrund meiner wenig vorteilhaften Ausstrahlung natürlich enorme Energien verschleißt. Was soll ich hier arbeiten? Meine Minions machen das und ich kann wirklich nicht alles kontrollieren“. Bezeichnend, dass die Minions aussehen, als wären sie 12-21 Jahre alt. Bezeichnend, dass sie zumindest temporär die Behörde abschaffen wollten, welche die Lagerung der US-Atomwaffen organisiert. Was soll schiefgehen? Für zehntausende Bundesbeamte wird schiefgehen, was schiefgehen kann. Besonders in den Sicherheitsbehörden kann diese Personalpolitik putschähnliche Folgen haben.

Dennoch gibt einem diese neue Ästhetik der politischen Prozesse Hoffnung, dass diese Scharlatane an der Größe ihrer Pläne und Egos sowie der mobilisierbaren Restvernunft im Lande scheitern. Bereits in den ersten Wochen nach der Amtseinführung haben sich jedenfalls bereits mehrere Konflikte zwischen den relevanten Akteuren ergeben.

Es ließe sich sicherlich vieles über Musk schreiben. Er ist die Personifizierung des „too big to fail“. Er kann sich alles erlauben und fast alles kaufen. Doch seine verzweifelten Versuche, sich Ansehen und Wohlwollen zu verschaffen, sind zum Scheitern verurteilt: Auch wenn er sich (ausländische) Profigamer kauft, die einen seiner Accounts leveln, oder wenn er anonyme Auftritte bei X absolviert, in denen er versuchte, aufgebrachte MAGA-Anhänger mit seiner Person zu versöhnen. Die folgenden Monate werden sicherlich wieder durch Nebelkerzen geprägt sein, die in den Erregungs-Zyklus der Medien geworfen werden, um uns die Sicht auf das Relevante zu versperren. Wir sollten uns nicht darauf einlassen, jede einzelne zu diskutieren. Wichtig ist hier erstmal nur die Erkenntnis, dass Musk, aufgrund seiner Manie und schlechten Social Skills, sich sogar bei seinem Kernpublikum (ob redpilled Gamer oder MAGA) unbeliebter machen wird, als er müsste. Die Reichweite seines chauvinistischen Unsinns, gekoppelt mit seinem Negativcharisma, könnte zu einer echten Chance für eine globale Polarisierung im Sinne progressiver und linker Kräfte werden. Der reichste Mensch der Welt darf also Minister spielen, auch wenn seine Behörde kein richtiges Department ist. Musk prahlte, er wolle 2 Billionen USD, ein Drittel des jährlichen Budgets, einsparen. Bisher gab es schon radikale Kürzungen. Zum Beispiel die Einschnitte bei der Behörde USAID, die weltweit ungefähr 1,5 Millionen Menschen einem vermeidbaren Tod aussetzen. Die Zahl der global an Hunger Leidenden hat sich im Vergleich zum Vorjahr um knapp 14 Millionen auf fast 300 Millionen erhöht. Die Kürzungen bei USAID sind dabei sicherlich ein relevanter Faktor.

Musks Anwesenheit ist die Wildcard dieser Regierung. Er verfolgt seine eigene Agenda, wie sich auch in seiner Kritik an Trumps neuer KI-Initiative zeigte. Im Streit um bestimmte Visagruppen versuchte er den MAGA-Nationalisten, die gar keine Ausländer im Land haben wollen, zu erklären, warum er hochausgebildete Ausländer unter Androhung der Abschiebung ausbeuten muss. Sonst würde Amerika in Zukunft nicht mithalten können. Denn die US-Amerikaner seien eben nicht gut genug ausgebildet. Mal sehen, was die Zukunft des Bildungssystems so bereithält. In der Folge wurde er, durch ebendiesen Mob wegen seiner südafrikanischen Herkunft bezichtigt, Afrikaner und ein Verräter zu sein. Ironischerweise war seine apartheitsweiße Herkunft für Musk bisher eher ein Scharnier zwischen MAGA und seiner Fraktion gewesen, nun wurde sie Teil einer nationalistischen Grenzziehung gegen ihn im Diskurs. Wie groß Musks Einfluss wirklich ist, ist also fraglich. Klar ist, dass Staatsaufträge und Insiderinformationen seinem Business nicht schaden werden. Ebenfalls klar ist, dass der sich über Jahre kontinuierlich nach rechts radikalisierte Internetmillionär bei Trump etwas gekauft hat, was ihm selbst so stark abgeht. Und das, obwohl er hunderte Millionen in eine App investierte, die genau das simulieren sollte: Charisma. Was Trump und Musk eint, ist die Verachtung der unteren Klassen und ihr chauvinistischer Futurismus. Unklar ist, inwieweit die ungleichen Partner an einem Strang ziehen werden, wobei es vorstellbar wäre, dass beide den jeweils anderen übervorteilen wollen. Musk hat jedoch für Trump schon ein paar Kohlen aus dem sprichwörtlichen Feuer geholt, indem seine DOGE-Behörde 6000 FBI-Agenten feuern ließ, die mit den Ermittlungen zum Sturm aufs Kapitol am 6. Januar 2021 beschäftigt waren. Doch Musk scheint nicht auf alle Ewigkeit für DOGE arbeiten zu wollen und hat schon eine Reduzierung seiner Arbeitszeit angekündigt. Vielleicht hängt es damit zusammen, dass er für viele Protestierende anscheinend eine lohnende Zielscheibe geworden ist. Musk ist angreifbar, da seine Unternehmen für die Finanzmärkte und Konsumenten stark an seine Person gekoppelt sind. Bspw. haben in Europa die Verkäufe des „Swasticar“ abgenommen und auch global gesehen schwächelt der Tesla-Konzern. Das Unternehmen, stolzer Produzent des am meisten zurückgerufenen Wagens der letzten Jahre, ist so etwas wie seine Achillesverse. 

Die Zukunft wird chaotisch-barbarisch und für die oberen Klassen lohnend

Ein Blick in die Kristallkugel, jedoch ohne Gewähr. Diese irre Mischung aus Geldsäcken, bigotten Christen, Scharlatanen und Faschisten wird auf jeden Fall versuchen, die USA zu einem autoritäre(re)n System umzubauen. Für uns ist es meistens gut von einer negativen Entwicklung auszugehen, um uns nicht zu stark der illusionären Seite der Hoffnung auszuliefern. Die aktuelle Mischung könnte explosiv sein, die liberale Hegemonie innerhalb der USA sprengen und bürgerliche Demokratien weltweit sabotieren. In Bezug auf die USA werden die DOGE-Sparprogramme eine immense Verarmung auslösen, auch in der Kernwählerschaft Trumps.  Außerdem werden die Lebensmittelstandards sinken, während das Risiko von Epidemien steigt. Der Preis für Lebensmittel wird hingegen weiterhin steigen. Die Obdachlosigkeit wird weiter zunehmen. Auch die Folgen der Opioidkrise, Kriminalität, Sucht und Todesfälle, sowie die zahlreichen Amokläufe und rechtsradikalen Anschläge müssen wir in das Bild miteinbeziehen. So betrachtet wirken die USA eher wie ein Land, das vor dem Abgrund steht, als eines, das sich wieder emporerhebt. Amerika könnte also erst einmal im Chaos untergehen. Ob es jedoch Trump und der MAGA-Bewegung gelingen wird, die ohnehin geschwächte gesellschaftliche Resilienz gegenüber einem Autoritarismus (mit oder ohne Staatstreich) zu überwinden, bleibt noch offen. Es sieht nicht gerade gut aus für progressive Kräfte. Die Oligarchen werden das angeschlagene Pferd vermutlich zu Tode reiten, wenn sie nicht abgeworfen werden. 

Foto: Matthias Laurenz Gräff, CC BY-SA 4.0 https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0, via Wikimedia Commons

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