Treffen sich zwei Sozialdemokraten und einigen sich darauf einen Volksentscheid zu verschleppen; eine Grüne ist auch dabei. Nicht der Anfang eines schlechten Witzes, sondern ein bitteres Ergebnis der Berliner Koalitionsverhandlungen.
Ich muss es den Leser:innen wohl kaum erklären, aber der Form halber in aller Kürze: Die Initiative Deutsche Wohnen & Co enteignen hat die vergangenen Monate erfolgreich darum gekämpft, einen Volksentscheid auf die Wege zu bringen, um die großen Immobilienkonzerne der Hauptstadt enteignen zu lassen; und dieser Volksentscheid wurde von über 1 Million der Berliner:innen bejaht. 59,1% der Wähler:innen haben die Abstimmung zum Erfolg gemacht, um sich nun von zwei sozialdemokratischen und einer bürgerlichen Partei ordentlich ins Gesicht spucken zu lassen.
Das rot-rot-grüne Regierungsbündnis, das seine mäßig erfolgreiche Politik der letzten fünf Jahre gerne fortsetzen möchte, tut sich schwer den Willen des Wahlvolkes zu respektieren, allen voran die SPD. Deren designierte Bürgermeisterin Franziska Giffey hält nichts davon, den Enteignungsparagraphen, den ihre eigene Partei in ihren besseren Tagen im Grundgesetz verankert hatte, anzuwenden und möchte lieber “bauen, bauen, bauen”. Das Bauen alleine die Mietenexplosion in dieser Stadt nicht löst, für diese Erkenntnis ist man wohl blind, wenn man mit der Immobilienlobby unter einer Decke steckt. Profit geht vor.
Auch die kleine Schwester der SPD, die Linkspartei giert lieber nach den Fleischkesseln der Macht. Klaus Lederer, der es nicht geschafft hat selbst Regierender Bürgermeister zu werden, möchte Kultursenator bleiben und lächelt verschmitzt in die Kameras. Besonders traurig: Im Wahlkampf war Die Linke die einzige Partei (zumindest die einzige Partei mit realistischen Chancen auf einen Einzug ins Abgeordnetenhaus.), die sich hinter den Volksentscheid gestellt hat. Vielleicht ist man im Karl-Liebknecht-Haus verbittert darüber, daß von 1 Millionen Ja-Stimmen für den Volksentscheid nur gerade mal ein knappes Drittel auch ihren Weg zu den Kandidat:innen der Linkspartei fand.
Und die Grünen, ja die Grünen, die sich zwar in der Hauptstadt etwas linker geben als im Bund und Enteignung öffentlich zumindest als Ultima Ratio anerkennen, sind eben die Grünen. Das Gros ihres Klientels will lieber bunte Radwege und umweltpolitisches Make-Up, und so werden sich die Gewissensbisse in der Realo-Führungsriege in Grenzen halten, dem Deal der Koalitionsverhandlungen zuzustimmen: Langwieriges Prozedere eine Expertenkommission einzusetzen, die die Forderung des Volksentscheides solange prüfen darf, bis auch der letzte Geringverdiener aus der Stadt vertrieben wurde.
Sollte jemals ein Enteignungsgesetz das Abgeordnetenhaus verlassen, wird es ein zahnloser Tiger sein; das Papier nicht wert, auf dem es gedruckt ist. Wahrscheinlicher ist ohnehin ein weiterer fauler Deal mit den großen Wohnungskonzernen auf unserem Rücken. Eine Lehre die viele Aktivist:innen ziehen werden müssen: Vergesellschaftung wird in diesem Staat nicht möglich sein, schon gar nicht im Vertrauen auf die Sozialdemokratie. Nun ja, gibt es zwar schon noch die kleine Chance, dass die Basis der kleinen Sozialdemokratie sich mehrheitlich gegen den Koalitionsvertrag ausspricht; aktuell läuft das Mitgliedervotum in der Linkspartei. Doch selbst im besten Fall, wenn es Neuwahlen gibt, werden sich die Verhältnisse im Parlament kaum nach links rücken lassen. Es ginge wohl ohnehin nur um die Rettung der Ehre jener, die nicht einsehen können oder wollen, dass sie in eine kommunistische Partei eintreten müssten.
# Bildquelle: Montecruz Foto