Lieferando, Gorillas und andere Liefer-Start-ups haben viel Öffentlichkeit bekommen, allerdings nicht, wie sich die Chef*innen das wahrscheinlich vorstellen. Es sind die miesen Arbeitsbedingungen, unter denen die Arbeiter*innen zu leiden haben, die für Furore sorgen, allen voran bei Gorillas.
Die zu großen Teilen migrantischen Arbeiter*innen bekommen dabei die Arbeitskultur von Start-ups zu spüren: Anstatt vernünftiger Schutzausrüstung, gibt es verspätete Lohnzahlungen, anstatt echten Arbeitsverträgen prekäre Befristungen und Kündigungen, die – wie im wohl bekanntesten Fall, dem von Santi – weniger in der geleisteten Arbeit, sondern mehr in der Arbeiter*innenorganisierung der Gekündigten liegen. Und natürlich Union Busting.
Aber wie kommt es, dass diese Unternehmen, die in irgendeiner Form Waren an Endkund*innen liefern wie Pilze aus dem Boden sprießen? Pizzalieferdienste gab es ja schon seit eh und je, vor zehn Jahren wäre niemand auf die Idee gekommen, ein Business daraus zu machen, den Alltagseinkauf zu liefern. Kaum jemand hätte die notwendigen höheren Preise mitgemacht. Und wie kommt es, dass beispielsweise Gorillas in der Lage ist, Lebensmittel zum Supermarktpreis bis an die Wohnungstür zu liefern? Die einfache Antwort wäre: Das Internet und neue Technologie, die tolle neue Möglichkeiten schaffen, Kohle zu machen.
Des Pudels Kern ist aber die aktuelle Überproduktionskrise. Kapital ist an allen Ecken und Enden vorhanden, und will investiert werden, findet aber keinen Ort, wo es profitabel investiert werden kann. Die immer weiter anwachsende Immobilienblase, mit Preisen, die immer absurdere Höhen erreichen, ist ein Symptom dieser Krise, die Existenz von Gorilllas und Co ein anderes.
Das Konzept von Gorillas & Co beruht darauf, eine Tätigkeit, die bisher nicht in den Kapitalverwertungsprozess eingegliedert, bepreist und bewertet war – den Weg zum Supermarkt oder zum Restaurant – kapitalistisch zu verwerten. Diese Expansion kapitalistischer Logik macht nur angesichts dessen Sinn, dass wie gesagt zu viel freies Kapital verfügbar ist. So kann Gorillas, obwohl bisher noch keinen einzigen Tag profitabel gewesen, auf Milliarden an Investitionen bauen, in der Hoffnung, dass in der Zukunft irgendwann Gewinne sprudeln werden. Es gibt schlicht und ergreifend keine besseren investitionsmöglichkeiten.
Die Erwartung ist, dass sich – ähnlich wie beim Busmarkt mit Flixbus – irgendwann ein Monopolist herausgebildet hat, der alle Konkurrenz verdrängt hat, der den bis dahin unbedingt notwendigen Service profitabel bewirtschaften kann. Das ist ein Versprechen, bei dem nicht klar ist, ob es eingehalten werden kann. Uber beispielsweise, das mit der Idee angetreten war, den Taximarkt zu „revolutionieren“, wird manchen Einschätzungen nach nie profitabel werden. Und die Verheißungen waren zu Beginn ähnlich wie jetzt bei all den Lieferdiensten.
Wenn die Blase platzt und die Überproduktionskrise ihre zerstörerische Macht entfalten wird, werden Unternehmen wie Uber, Gorillas und wie sie alle heißen, der Reihe nach bankrott gehen. Bis dahin aber, werden, trotz Unprofitabilität die dort Arbeitenden unter der Knute von Management und Algorithmus leiden. Auch wenn die Unternehmen dem Untergang geweiht sind, gilt es die Arbeiter*innen in ihren Protesten gegen die Arbeitsbedingungen zu unterstützen. Beispielsweise morgen beim Aktionstag #Freitag13. Weil auch wenn das Geschäftsmodell krisenbedingt finanziert ist, auf sehr, sehr wackeligen Beinen steht und in nicht allzu ferner Zukunft den Bach runter gehen wird, sind es am Ende die Arbeiter*innen, die sich ihren Lebensunterhalt verdienen müssen, die den ganzen Mist ausbaden müssen.
Teilnehmen könnt Ihr an folgenden Orten:
- Berlin: Demo Critical Workers Mass Start: 15.30 Uhr Gorillas Warehouse Muskauer Str. 45 (Kreuzberg) > Ende: Gorillas Warehouse Gürtelstraße 25 (Friedrichshain) – auf der Strecke schauen wir auch bei Wolt und Lieferando vorbei! Die Lieferando-Betriebsgruppe der FAU Berlin ruft zur Teilnahme auf! Organisation: Berliner Komitee der Aktion gegen Arbeitsunrecht – Kontakt: kontakt@arbeitsunrecht.de
- Bonn: 15.00 Kundgebung am Gorillas Warehouse Friedrichstr. 24, 53111 Bonn – Organisation FAU Bonn, Kontakt: faubn@fau.org, twitter.com/FAUBonn, facebook.com/faubonn/
- Hamburg: Details folgen – Organisation: IWW Hamburg – Kontakt: iww-Hamburg@gmx.de, twitter @hamburgwobblies
- Hannover: Kundgebung 16.00 Uhr Schillerdenkmal Innenstadt – Organisation FAU Hannover, Kontakt: fauh-solidaritaet@fau.org, https://www.fau.org/vor-ort/hannover
- Köln: Critical Workers Mass Start: 17.30 Uhr ab Rudolfplatz > Abschlusskundgebung 19.00 Uhr Lieferando Hub Ehrenfeldgürtel 78 mit Redebeiträgen u.a. von SPD Bundestagskandidatin Sanae Abdi | Wir starten eine Fahrraddemo und besuchen Gorillas und Lieferando-Standorte! Organisation: Mitglieder der Aktion gegen Arbeitsunrecht Köln in Kooperation mit FAU Köln, Kämpfe Vernetzen und die Alliierte Marschkappelle Schwarzer Freitag – Kontakt: kontakt@arbeitsunrecht.de
- München: Details folgen – Organisation: FAU München https://www.fau.org/vor-ort/muenchen, Kontakt faum@fau.org
- Paderborn: Details folgen – Organisation: Roter Punkt OWL
- Nürnberg: 17.00 Uhr Treffpunkt Hochstr. 9, 90429 Nürnberg Organisation: Initiative Solidarischer ArbeiterInnen ISA Nürnberg, Kontakt: isa@critmass.de
- Stuttgart: 17.00 Uhr Flyer-Aktion an der Haltestelle Schwabstraße. Ebenfalls 17.00 Uhr: Flyer-Aktion am Linken Zentrum Lilo Hermann – Organisation: Solidarität und Klassenkampf Stuttgart & Regio. Kontakt: kontakt@solidaritaet-und-klassenkampf.org, Website https://solidaritaet-und-klassenkampf.org.
# Titelbild: Gorillas Workers Collective