Bullenschau in Berlin. Es war eine große Parade am Freitag in Friedrichshain. Die deutsche Polizei durfte endlich mal wieder vorführen, was sie für angriffslustige Jungbullen und fabelhafte Gerätschaften im Stall hat. „Die Polizei ist drin!“ jubelte Bild am Freitagvormittag, als die mit Schützenpanzer angerückten Cops den Eingang zur Liebig 34 aufgebrochen hatten. Und mit dem Drecksblatt aus dem Hause Springer freute sich das gesamte reaktionäre Gesindel des Landes. Frei nach der Devise: Heute haben wir es den „linken Zecken“ mal wieder so richtig gezeigt – das Hausprojekt Liebig 34 platt gemacht, ein „Symbol der linken Szene“, wie auch die Lohnschreiber der Konzernmedien zu wissen meinten.
Die Räumung des linken Hausprojekts am 9. Oktober war ein Festtag für alle Law-and-Order-Fans des Landes, soviel steht fest. Was haben sie in den vergangenen Wochen und Monaten nicht alles erleiden müssen. In den Medien ging es ständig nur um Polizeigewalt, Racial Profiling, „Black Lives Matter“ und rechte Netzwerke bei Polizei und Bundeswehr. Da musste gar ein CDU-Innenminister sich zerknirscht geben, weil zwei Dutzend Polizeibeamte in seinem Dienstbereich sich in Chats an Hitler-Bildern und Hakenkreuzen ergötzten. Dabei war das doch alles nur Spaß, da ist man doch nicht gleich ein Nazi, oder wie?
Aber ganz im Ernst. Ein Einsatz wie der am Freitag an der Liebigstraße muss für die Polizei wie Ostern, Weihnachten und Schützenfest an einem Tag gewesen sein, Balsam für die von „rot-grün-versifften“ Medien zuletzt gerissen Wunden. Endlich konnten sie es denen heimzahlen, die sie vor allem und zuerst dafür verantwortlich machen, dass sie an den Pranger gestellt werden: die Linken oder „Linksextremisten“, wie es im Amtsdeutsch heißt. Endlich durften sie wieder mal nach Herzenslust und straflos zuschlagen. Und das auch noch mit Rückendeckung eines „rot-rot-grünen“ Senats! Besser geht es doch nicht.
Auch der Berliner Landesverband der Gewerkschaft der Polizei (GdP) hatte offenbar das Gefühl, dass der Tag der Räumung für die Polizei eine Art Volksfest ist. Bereits am Donnerstag verbreitete die Organisation bei Twitter den folgenden Tweet: „Morgen steht ein Einsatz an – Wir lassen Euch nicht allein und haben da mal was vorbereitet: Currywurststand in der Friesenstraße.“ Und darunter stand noch: „Du räumst die Liebig34 – wir sorgen für die Energie“. Ein ebenso unpassender wie grotesker Spruch, der irgendwie nach „Mars macht mobil bei Arbeit, Sport und Spiel“ klang. Bei der GdP scheint man den Einsatz eher lustig gefunden zu haben, so wie Kirmes mit Scheibenschießen und „Hau den Lukas!“.
Natürlich ließ man es sich nicht nehmen, am Freitag Fotos vom Grillstand an der Friesenstraße bei Twitter zu posten. Und teilte der interessierten Öffentlichkeit noch mit, dass auch GdP-Landeschef Norbert Cioma vorbeischaute, um Würstchen für „die Kollegen“ zu wenden. Selbiger Cioma hatte am Vortag beim RBB-Fernsehen übrigens das Versagen der Polizei bei der Aufklärung rechter Anschläge in Neukölln klein geredet. Und wiederum zwei Tage davor hatte er eine merkwürdige Einstellung zur Durchsetzung geltenden Rechts erkennen lassen. Zur vom Senat wegen der Coronalage beschlossenen Sperrstunde erklärte Cioma dem Tagesspiegel, die Polizei reiße momentan „eine Überstunde nach der anderen ab“. Da würde man Verstöße gegen die Sperrstunde „eigentlich nur bei Einrichtungen rund um die Liebig 34 kontrollieren können.“
Von der GdP kamen also die Grillwürstchen zur Räumung. Kaffee und Kekse lieferte dagegen die AfD und zwar in Gestalt ihres Bundestagsabgeordneten Johannes Huber. Der postete am Freitagmorgen Fotos, die ihn an der U-Bahnhaltestelle Frankfurter Tor zeigen. Text dazu: „Die GdP Hauptstadt liefert die Currywurst und ich bringe den mutigen Einsatzkräften Kaffee und Gebäck. Ich wünsche einen erfolgreichen Einsatz und dass alle gesund nach Hause kommen.“ GdP und AfD Hand in Hand als Caterer der Polizei beim Abräumen eines linken Projekts – wundert sich da jemand? Ganz zu Recht wiederholten diverse User in den „sozialen Netzwerken“ die Forderung, die GdP endlich aus dem DGB zu werfen. Wird Zeit.
Was Aktionen und Äußerungen zum Thema Liebig 34 angeht, ließ sich all das nur noch von einem toppen: vom grünen Ultra Cem „Halt die Fresse, wir sind in Deutschland!“ Özdemir. Der griff bei Twitter eine Äußerung einer Bewohnerin der Liebig 34 auf einer Pressekonferenz auf. Laut Spiegel hatte sie gesagt, man kämpfe für das Projekt „mit allen Mitteln, mit allen Kräften“ und sehe sich „in Konflikt und Konfrontation mit diesem kapitalistischen Staat und seinen Repressionsorganen“. Eine Selbstverständlichkeit, sollte man meinen. Aber Özdemir fiel dazu folgender Satz ein: „Als gegen Sexismus, Faschismus & Nationalismus kämpfendes migrantisches Arbeiterkind sage ich: wer so redet & handelt steht auf der anderen Seite!“
Was lehrt uns das? Man kann ein migrantisches Arbeiterkind sein und glauben, gegen Faschismus und Nationalismus zu kämpfen – der Oberleutnant d. R. Cem Özdemir bleibt dabei doch am Ende ein Reaktionär, Kriegstreiber und glühender Fan von Militärinterventionen und Sanktionen, der dieses marode System, in dem er sich ganz prima eingerichtet hat, mit „allen Mitteln und Kräften“ verteidigt.
# Titelbild: ©PM Cheung, Bullen und ein Ball am Morgen der Räumung
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