In Frankreich kam es am Donnerstag erneut zu landesweiten Protesten gegen „Loi Travail“, jene Arbeitsmarktreform, die seit Monaten hunderttausende Menschen auf die Straßen treibt. Die Reform, die inzwischen ohne Abstimmung durchs Parlament gedrückt wurde, verlängert die 35-Stundenwoche und weicht den Kündigungsschutz für Angestellte enorm auf. Die Regierung des französischen Präsidenteen Francois Hollande will so den Arbeitsmarkt „flexibler“ gestalten und die Arbeitslosenquote unter 10% drücken – Hollandes selbstgesetztes Ziel, um nochmal zur Wahl anzutreten.
Es sind die gleichen Methoden, die auch in Deutschland, spätestens seit den Hartz-Reformen, dafür sorgen, dass Tausende ihre Zeit in sinnlosen Maßnahmen verschwenden, da sonst Sanktionen drohen. Auch in Deutschland haben wir seit Hartz 4 weniger Arbeitslose: Menschen in Maßnahmen und in ein-Euro-Jobs fallen aus der Arbeitslosenstatistik, der Niedriglohnsektor wurde ausgedehnt, Leiharbeit wuchs an und der Druck auf die Arbeiter*innen stieg.
Diese Strategie macht sich nun auch Hollande zunutze – mit Hungerlöhnen gegen Arbeitslosigkeit.
Zuletzt kamen im Juni zu einer europaweit mobiliserten Großdemo eine Million Menschen nach Pars. Es kam zu stundenlangen Straßenschlachten mit der Polizei.
Am Donnerstag wurde nicht zentral in Paris, sondern überall in Frankreich demonstriert.
Die französische Gewerkschaft CGT spricht von 170.000 Teilnehmern in ganz Frankreich, davon 40.000 in Paris.
Als die Demonstration in der Hauptstadt sich um 14:00 am Bastille-Platz sammelte war klar, die Auseinandersetzungen aus dem Juni würden sich nicht wiederholen. Die Polizei hatte den Platz mit mobilen Barrikaden abgeriegelt und führte an allen Eingängen strenge Vorkontrollen durch.
Auch auf der Route war die Taktik eine andere: Während im Juni alle Seitenstraßen ebenfalls mit mobilen Barrikaden dicht waren und damit die Cops zu einfachen, statischen Zielen wurden, begleiteten sie dieses Mal die Demo mit Eingreiftrupps, ähnlich der BFE-Einheiten in Deutschland.
Dennoch verlief die Demo kämpferisch und wurde wieder von einem großen antagonistischen Block angeführt.
Dieser vermittelte den Eindruck, nicht in erster Linie auf Konfrontation mit den Cops aus zu sein. Als gleich zu Beginn eine
Bulleneinheit ihre Pfeffersprays in die Demo entleerte, gab es zwar lautstarken Protest, jedoch ging die Demo weiter ohne den Angriff zu kontern. Erst als die Cops in die Demo stürmten und wild um sich schlugen, gab es Gegenwehr. Danach kam es immer wieder zu kurzen Auseinandersetzungen, die in dichten Wolken von Tränengas endeten. Am Endkundgebungsplatz, dem Platz der Republik, eskalierte die Situation dann doch noch. Die – nun stationären –
Polizeiketten wurden mit Molotow-Cocktails, Flaschen und Steinen angegriffen und schossen daraufhin wieder Tränengas und Schockgranaten. So ging es noch ungefähr eine Stunde hin und her, bis die Polizei den Platz räumte.
Nach offiziellen Angaben gab es 32 Festnahmen.
Angriffe auf Journalisten
Dass Cops nach Festnahmen gerne nochmal nachtreten, ist auch in Deutschland keine Seltenheit. Während es hier trauriger Alltag ist, dass Festgenommene sich am Visier eines Bullenhelms „stoßen“ oder in der GeSa nochmal „stürzen“, machen die Cops in
Frankreich kein Geheimnis aus ihrem Umgang mit Gefangenen.
Immer wieder sieht man Schläge mit Telis auf die Köpfe bereits am Boden liegender. Tritte, Schläge Schmerzgriffe gegen Menschen, die bereits die Hände mit Handschellen auf dem Rücken haben.
Während die Cops all das recht öffentlich tun, möchten sie doch
nicht, dass es jemand dokumentiert. So kam es besonders in solchen Situationen immer wieder zu gezielten Attacken gegen Journalisten. Sei es durch Pfefferspray, Tritte oder Schläge. Ein besonders „motivierter“ Cop schlug einen Pressevertreter sogar mit dem Teli auf den Hals.
Als Eindruck bleibt, dass in Frankreich nicht nur die Arbeitsmarktreform nach deutschem Vorbild kommt, sondern dass die Taktiker der Polizei ebenfalls nach Deutschland schielen. Die CGT hat derweil angekündigt, dass dies die letzte Demonstration gegen die Arbeitsmarktrefom gewesen sein wird und sie nun anderweitig gegen das Gesetz kämpfen wollen.
-Karl Plumba