Mehr als 10.000 Menschen sind am Donnerstag in Wien gegen einen Besuch des türkischen Premiers Recep Tayyip Erdogan auf die Straße gegangen. Aufgerufen hatte ein Bündnis von mehr als 40 migrantischen und linken Gruppen. Schon lange gab es keine so große Demo mehr in Wien. Vom Praterstern aus ging es nach der Auftaktkundgebung in der Venediger Au über die Reichsbrücke bis zur Albert-Schultz-Eishalle, wo ebenfalls mehr als 10.000 Erdogan-Fans auf ihr Idol warteten. Die Abschlusskundgebung der linken Demo und das Fan-Treffen waren durch Polizeiabsperrungen voneinander getrennt.
Bereits während der Demo kam es immer wieder zu Provokationen durch AKP-Anhänger und kleinere Auseinandersetzungen. Bemerkenswert war auch, dass an mehreren Stellen Nazis auftauchten und versuchten, DemonteilnehmerInnen zu attackieren. Die Polizei behandelte die Faschos wie üblich zuvorkommend und drängte sie erst ab, als diese sich nicht überreden ließen, von selbst mit den Provokationen aufzuhören. Man erinnere sich an die Behandlung, die die Wiener Polizei linken DemonstrantInnen gegen rechte Veranstaltungen während der vergangenen Monate zukommen ließ…
Inhaltlich ging es bei Erdogan wie üblich um „Integrieren ja – assimilieren nein“, österreichische PolitikerInnen und Medien faselten ebenfalls tagelang von „Integration“ und fragten sich ob ein türkischer Politiker überhaupt in Wien auftreten darf.
Die Auseinandersetzung mit der reaktionären Politik Erdogans blieb dem Demo-Bündnis vorbehalten. Im Aufruftext zur Demo hieß es, daß sich Erdogans Politik „durch einen immer autoritäreren Charakter und eine zunehmende Faschisierung der Gesellschaft auszeichnet. Die brutale Niederschlagung der kraftvollen Gezi-Bewegung vor knapp einem Jahr ist uns allen nur zu gut in Erinnerung.“
– Von Karl Schmal