Versuchter Totschlag beim G20 – Ein Augenzeugenbericht

14. Juli 2017
Gestern haben wir einen Aufruf gepostet, mit Foto- und Videomaterial von Polizeiübergriffen bei den Protesten gegen den G20-Gipfel an die Öffentlichkeit zu gehen. Daraufhin meldete sich Anselm Schindler bei uns, er hat für das Protestcamp im Altonaer Volkspark die Pressearbeit koordiniert.
Im Folgenden findet ihr den Augenzeuginnenbericht einer Genossin, die Anselm von ihren Erfahrungen mit Polizeigeigewalt berichtet hat:
Polizeibeamte sollen am frühen Freitagmorgen eine spontane
Anti-G20-Demonstration angegriffen haben, die auf dem Weg in die Hamburger Innenstadt war. Eine Aktivistin berichtet, wie selbst Schwerverletzte noch getreten wurden:
Hamburg – Die Polizei rückt aus zwei Richtungen an, mit Blaulicht und Wasserwerfern.
Gegen sieben Uhr morgens kreist sie die jungen Menschen, die in der Nähe des Protestcamps im Altonaer Volkspark zu einer Spontandemonstration Richtung Innenstadt aufgebrochen sind ein. Bei der Auseinandersetzung gibt es zahlreiche Schwerverletzte, Knochenbrüche, Platzwunden. Polizeibeamte drängen Protestler*innen gegen eine Metallabsperrung, dahinter geht es rund vier Meter in die Tiefe. Die Absperrung bricht, einige Demonstrant*innen stürzen in die Tiefe. So schildert eine junge Aktivistin aus der kurdischen Freiheitsbewegung die Szenerie. Abgespielt hat sie sich am frühen Freitagmorgen, noch Stunden bevor in der Hamburger City die Luft brannte. „Da waren keine Kameras, keine Presse, das wurde einfach vertuscht“, sagt sie. Ihren Namen will die Aktivistin in der Zeitung nicht sehen.
„Ich hab gesehen, wie ein Genosse über die Metallabsperrung gefallen ist, er ist gestürzt, dann sind ihm die Knochen am Bein herausgestanden. Ein Polizist hat trotzdem auf ihn eingetreten, dann war überall Blut“, erklärt die Aktivistin am Handy. Auch der „Rote Aufbau Hamburg“, eine kommunistische Gruppe, die im Bündnis „Fight G20“ auf die Gipfelproteste hingearbeitet hat, hat auf Facebook eine kurze Stellungnahme zu dem Vorfall herausgegeben. Die Polizei habe Aktivist*innen der Gruppe „eine Mauer runtergeprügelt und so 25 Genoss*innen, zum Teil durch den Sturz schwer verletzt“.
Rund eine Woche ist der Vorfall jetzt her: die Polizei gibt noch am selben Tag eine kurze Pressemitteilung heraus, einige Zahlen zu Verletzten, kaum Hintergründe. In Hamburg-Bahrenfeld seien 80 Personen von der Polizei festgesetzt, elf von ihnen beim Fluchtversuch schwer verletzt worden.
Verletzte Polizeibeamte gab es im Zuge der Aktion nicht. Nur langsam werden Details zu dem Vorfall bekannt, sie sind ein weiteres Puzzlestück auf der Suche nach der Antwort auf die Frage, warum die Proteste in Hamburg am vergangenen Freitag derart eskalieren konnten.
Wie viele Menschen an der spontanen Protestaktion beteiligt waren, darüber geben weder Demonstrant*innen noch Polizei Auskunft. Ein Teil der Protestler*innen jedenfalls, das kann rekonstruiert werden flieht über ein Industriegleis Richtung Innenstadt.
Zwei Straßenzüge weiter werden gerade einige hundert Aktivist*innen der Interventionistischen Linken (IL) von der Polizei gekesselt, sie haben denselben Plan – in die Stadt zu gelangen, um den Gipfel zu blockieren.
Viele Aktivist*innen, die an der Spontandemonstration beteiligt sind, landen in der Gefangenensammelstelle, mindestens eine Aktivistin aber, sie stammt ebenfalls aus der kurdischen Bewegung, sitzt wegen der Aktion noch in Untersuchungshaft.
Der Vorwurf: Schwerer Landfriedensbruch. Die meisten anderen wurden nach kurzer Zeit entlassen.
Die Stimme der Aktivistin ist immer noch zittrig, wenn sie von ihren Erlebnissen berichtet, sie war das erst mal auf einer Großdemonstration und dann gleich das: Hamburg, G20. Hektisch purzeln die Worte aus ihrem Mund: „Mir ist dann kurz schwarz vor Augen geworden, dann bin ich nur noch gerannt“.
Ob die Polizei von den Demonstranten angegriffen wurde? „Da hab ich nichts gesehen, die haben ohne Vorwarnung und ohne irgendeine Ansage losgeprügelt“.
Gezeltet hat die junge Frau, wie viele andere Demonstrant*innen auch, im Altonaer Volkspark, im Nordwesten Hamburgs. Sie ist seit Jahren in der Kurdistan-Solidaritätsarbeit aktiv. Die Bewegung hatte dort ein eigenes Barrio, einen Camp-Bereich mit einigen großen Gruppenzelten. Eine Mitorganisatorin des Barrios, Sara Ronahî, bestätigt die „Prügelattacke“ vom Freitagmorgen auf Nachfrage, kleinkriegen lassen werde man sich von so
etwas allerdings nicht, so die Aktivistin. “Wir machen weiter, jetzt erst recht”.
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#Anselm Schindler

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29 Kommentare

    Elke 14. Juli 2017 - 16:48

    Wenn das der Wahrheit entspricht, dann muss dies angezeigt werden.

    lowerclassmag 14. Juli 2017 - 17:05

    Anzeigen gegen Polizeibeamte haben leider selten Aussicht auf Erfolg und ziehen immer Gegenanzeigen mit sich, die dann wiederum oft sehr teuer werden.

    simon 14. Juli 2017 - 22:04

    Dienstaufsichtsbeschwerde !!! sind es mehrere – bekommt Er ein Disziplinarverfahren & eine Beförderungssperre ! das mögen sie gar nicht !!! 😉

    Andy 19. Juli 2017 - 22:39

    Wäre aber ne Möglichkeit, wenn man selbst Augenzeuge ist und nicht derjenige, der Opfer der Körperverletzng im Amt ist. Dann wird es deutlich schwieriger mit der Gegenanzeige wegen Widerstandshandlungen. Kann man jedenfalls in Erwägung ziehen. Wegen G20 laufen schon 35 Ermittlungsverfahren, die Zahl sollte doch noch steigerbar sein.

    Pepe 15. Juli 2017 - 8:19

    Regt ihr euch auch so auf wenn Polizisten am Boden liegen und auf diese eingetreten und eingeschlagen wird.
    Sogar auf diese dann noch Pyros abgefeuert werden. Bei einem Beamten sogar ins Gesicht.
    Warum distanziert sich ein Demoveranstalter nicht vom schwarzen Block?
    Es ist meist sehr einseitig dargestellt. Noch nie hat ein Polizist den ersten Stein geworfen und einen Laden geplündert.
    Eine Linkendemo schafft es meist auch nicht ohne Polizei ein paar hundert Meter weit zu kommen ohne das irgendwas zu Bruch geht oder ähnliches. Das hat die Vergangenheit gezeigt.

    Kay 15. Juli 2017 - 10:11

    Danke, wenigstens einer der nicht verbohrt ist . Und ich gebe dir vollkommen recht.

    Kay 16. Juli 2017 - 18:38

    Und auch ich stimme zu!

    Thoralf Höntze 15. Juli 2017 - 14:57

    Pepe: Es geht doch hier nicht um das Motto “Auge um Auge, Zahn um Zahn”. Wer sich gesetzteswidrig verhält, wird mit Sicherheit vom langen Arm des Gesetzes belangt. Wenn man aber konsequent Polizeigewalt leugnet, relativiert und der Meinung ist, Polizisten wären mit Eintritt in den Dienst automatisch unfehlbar, der leistet Kräften Vorschub, die in unserem Land gern türkische Verhältnisse schaffen würden. Das kann nicht in unserem Sinne sein. Auch Polizisten haben sich Nach Recht und Gesetz zu verhalten. Dieses Recht müssen wir verteidigen!

    Henne 15. Juli 2017 - 23:09

    Muss ich zustimmen, ohne die Polizei wüede es auf beiden Seiten nicht gut ausgehen. Die Gewalt wie in der USA ist zwar auch keine Lösung, allerdings in meinen Augen werden die Polizisten hier in D immer nur an den Pranger gestellt wenn sie sich wehren – stellt euch mal auf die andere Seite …….

    Joachim 16. Juli 2017 - 14:15

    Ganz schön dünnes Eis auf dem Du dich bewegst mit Aussagen wie “nie hat ein Polizist den ersten Stein geworfen”. Woher willst Du das wissen? Ich persönlich habe das schon anders erlebt. ‘s ist zwar schon ein paar Tage her, aber dennoch gab es das.

    Ben 18. Juli 2017 - 8:44

    76 000 Menschen haben an dem Samstag friedlich demonstriert. Aussage wiederlegt.

    Kirmes in Schorndorf: Völliger Krawall und keine Linke Demo. Was nu?

    Fre 19. Juli 2017 - 18:46

    Oh Doch und wie, es kommt definitiv ab und zu vor das ein Zivi den ersten Stein wirft, und noch öfter das die Polizei ohne angegriffen worden zu sein und ohne Vorwarnung drauflos prügelt!
    DEN “Schwarzen Block” gibt es nicht, es sind immer unterschiedliche Gruppen die sich untereinander oft gar nicht kennen und unterschiedliche Ansätze und Limits haben, deshalb kann sich auch Niemand von dieser heterogenen Gruppe komplett distanzieren, nur von bestimmten Handlungen.
    Und es wird definitiv vom Großteil der Demonstrierenden (Wer ist das überhaupt? Eine riesige Masse die nur eins eint, hier: Etwas gegen diesen G20-Gipfel sagen zu wollen) nicht freudig begrüßt , wenn einige wenige Polizisten schwer verletzten. Einige dieser Taten geschehen aber auch aus Panik und Notwehr.

    Karl 15. Juli 2017 - 10:49

    @Pepe: Wenn ein voll gepanzerter, am Boden liegender Polizist getreten wird, kannst du mit Sicherheit davon ausgehen, dass er binnen Sekunden von seinen ebenfalls voll gepanzerten Kollegen aus der Situation geholt wird. Es ist das ewige David gegen Goliath Spiel. Und dass es devinitiv Agressoren unter den Polizisten gibt, die mit unüberlegten Prügelattacken den (gerechtfertigten) Hass auf sich ziehen ist auch belegt mit Bildern und Videos. —> https://g20-doku.org

    Keine Frage, diese Vollidioten, die Hambrg verwüstet haben und vor allem unbeteiligte Anwohner geschädigt haben sind zu verachten.

    Aber wer gibt der ach so tollen Polizei, die ja einen ach so tollen Job in Hamburg gemacht hat, das Recht sich mit Prügelattacken gegen friedliche Demonstranten zu richten, diese einzukesseln, minutenlang für sinnlose Panik zu sorgen etc. Auch diejenigen die am Steuer des Wasserwerfers saßen sollten evt. mal den GTA Modus ausschalten.

    Friedlicher Gegenprotest (Der zum Grundrecht gehört) und randalierende Gruppierungen sind definitiv 2 unterschideliche Paar Schuhe!!!

    Und dass es bei dem Gipfel (wie in jeder anderen Stadt auch) in Hamburg zu Auseinandersetzungen mit Demonstranten und Polizei geben wird, war vorherzusehen. Dass es so ein Ausnahmezustand wie im Schanzenviertel gibt nicht.

    Pepe 15. Juli 2017 - 12:56

    @Karl. Stimme dir auch zu.
    Natürlich passieren immer wieder unschöne Szenen durch die Polizei. Ohne Frage.
    Leider!
    Ich halte auch nichts davon wenn Polizisten sofort ihr Sturmhaube oder Brandschutzmaske am besten bis über die Augen ziehen.
    Ebenso in den Demos. Dass es dort immer wieder Typen gibt die sofort auch vermummt machen und auch nichts besseres zu tun haben als Beamte blöd vollzuquatschen und sich bei den Begleitkräften in den Weg zu stellen.
    Da wird man auch mal weggeschupst.
    In HH gab es auf beiden Seiten sehr unschöne Szenen.
    Schade.

    Scholle 15. Juli 2017 - 14:20

    @Karl
    Junge brennt dir der Helm….nur weil der am Boden liegende Polizist gepanzert ist, hat man noch lange nicht das Recht auf diesen einzutreten und einzuschlagen. Und das dieser aus der lebensgefährlichen Situation von seinen Kollegen wohlgerettet wird ist ja wohl das mindeste.
    Genau so abartig ist es mit kindskopfgrossen Steinen auf Menschen zu werfen. Ob nun gepanzert oder nicht. Das ist einfach nur krank und in meinen Augen schon Mordversuch. Da bleibt der grosse Aufschrei natürlich aus. Für viele anscheinend normal und gehört für viele Hornis zu jeder gelungenen Demo.
    Einfach nur pervers was in manchen Köpfen so vorgeht.

    Paulchen 16. Juli 2017 - 5:48

    Karl hat überhaupt nicht davon gesprochen, dass da ein Recht besteht auf einen am Boden liegenden Menschen einzutreten. Das Recht hat keiner.

    johnny 18. Juli 2017 - 14:38

    Wo und wann wurde in der BRD bitte auf einem am Boden liegenden Bullen eingetreten???
    Wann wurde denn mit mollies geworfen? – Der eine in hh der auf einen wawe geworfen wurde und nichtmal zündete? Mal abgesehen davon dass das den wawe nen scheiß interessiert, da die Teile vor so etwas geschützt sind.
    Also mal die Kirche im Dorf lassen. Aber schön das ihr euer Feindbild wieder zurecht gerückt habt. Die bürgerliche linke ist einfach nur armselig…

    lowerclassmag 19. Juli 2017 - 13:23

    Mal davon abgesehen, dass das gar kein Mollie sondern ein Böller war.

    Harald 15. Juli 2017 - 14:37

    https://de.wikipedia.org/wiki/Summit_policing

    du hast wohl noch nie von deinen Grundrechten gebrauch gemacht

    Riotrox 15. Juli 2017 - 17:09

    Problematisch ist hier vor allem, dass der Text nicht korrekt gegendert ist. Weder wird die weiblche noch die geschlechtsneutrale Form für alle Polizist*innen genutzt. Außerdem wird von “der Polizei” geschrieben, dabei wissen wir doch alle das es homogene Gruppen nicht gibt, sondern wir alle individuelle Menschen sind.

    lowerclassmag 15. Juli 2017 - 17:27

    Weil wir alle, insbesondere die Polizei, keine homogene Gruppe sind sondern alles voll die Individuen, tragen alle Polizisten Uniform, viele Sturmhaube und agieren auf Befehl?

    Riotrox 17. Juli 2017 - 15:40

    Die Polizist*innen machen genauso ihren Job wie du oder ich. Daher leitet sich kein recht ab sie als Gruppe zu beurteilen. Verlieren Demonstranten denn ihre individualität wenn sie sich schwarz anziehen?

    ana k. 18. Juli 2017 - 0:38

    Bei meinem Job erhebe ich keinen Anspruch auf ein Gewaltmonopol, welches mir erlaubt, Gewalt auszuüben, dies anderen jedoch verbietet. Hast du darüber schon einmal nachgedacht? Wer sich dazu entscheidet Polizist*in zu werden, entscheidet sich auch dazu, den, in diesem Falle deutschen, Staat zu verteidigen und mit ihm all seinen Verbrechen. Ich möchte hiermit auf keinen Fall Gewalt gegen Wehrlose rechtfertigen und seien es auch Polizist*innen, aber ich denke jeder Mensch soll sich bewusst sein, welche Funktionen er in welchem Gefüge einnimmt und welche Gegenreaktionen dies zur Folge haben könnte.

    Riotrox 21. Juli 2017 - 7:41

    Es ist schon erstaunlich wie man hier immer versucht von meinem eigentlichen Problem mit dem Artikel abzulenken. Die Polizist*Innen sind keine homogene Gruppe sonder alles individuen so wie jeder von uns. Das sie wissen welche Rolle sie spielen ist auch klar. Genau wie sich denjenigen die sich zum schwarze Block vereinen dies bewusst ist.
    @Ana K. Welche Verbrechen soll Deutschland denn begangen haben?

    Peter A. D. 15. Juli 2017 - 22:06

    Wer sich in Gefahr begibt kann dabei umkommen.
    Dass die Polizei auch mal eine/n Falschen erwiscvht nennt man wohl Kolaterschaden.
    Wenn ich um meine Leben bangen muß, dann schlage ich lieber einmal mehr zu.
    Ich verstehe die Polizisten.
    Peter A,D.

    Florian Lange 16. Juli 2017 - 23:27

    Dieser Aussage folgernd gilt das dann auch für beide Seiten oder?
    Wenn ich mich nun gegen so einen prügelnden Beamten zur Wehr setze und dieser dabei ums Leben kommt, dann ist das ein Kollateralschaden und ich sollte nocht belangt werden?
    Ich hoffe ehrlich nicht daß das dein Ernst ist, denn das ist wahrlich ein krankes Denkmuster!
    Es gibt de facto keinen “Kollateralschaden” –
    ein Leben ist ein Leben.
    Und wer das anders sieht ist ganz einfach nicht ganz dicht!

    Andre 18. Juli 2017 - 20:20

    Der dümmste Kommentar hier.
    Würde dich mal gerne sehen wenn du selber von Kolaterschaden betroffen wirst .. dann fühlst du dich bestimmt besser

    Andre 18. Juli 2017 - 20:22

    genauso wie die Drohnen und ähnliche Kolaterschaden Opfer in Irak und Jemen sich bestimmt besser fühlen das Sie und Ihre Families von den “guten” Amerikaner gekillt werden ..

    Ist ja nur Kolaterschaden ..