Ohne den Aufstand gegen die „vom Feind entwickelte Welt der Sozialisation, Beziehungen, Gefühle und Triebe“ wird es auch in den kapitalistischen Metropolen keine revolutionäre Bewegung geben.
Als ich mich vor ein, zwei Jahren mit einem alten Freund traf, den ich für einen der klügsten Marxisten halte, die ich kenne, saßen wir in einem Altwiener Café bei zwei weißen G‘spritzten und diskutierten über Abdullah Öcalan. Wir beide arbeiteten seit vielen Jahren mit der kurdischen Bewegung zusammen, gleichwohl hatten wir in nicht wenigen Punkten Kritik an Apos Theorien. Mein Freund bemängelte den „Voluntarismus“ der kurdischen Bewegung: „Den ‚neuen Menschen‘ durch möglichst große Willensanstrengungen schaffen, solange die alte Gesellschaft noch besteht, geht nicht“, sagte er. Ich stimmte zu.
Heute, zwei Jahre und einige Besuche in Kurdistan später, sehe ich das anders. Ich denke, dass wir derlei Kritiken leicht akzeptieren, weil sie uns vor der harten Realität schützen: Die überwiegende Mehrheit von uns verhält sich nicht wie Revolutionär*innen. Nicht, was die notwendige Disziplin gegen sich selbst angeht, nicht, was unsere Umgangsformen angeht, nicht, was die Bereitschaft, für einen Traum, eine Utopie Opfer zu bringen angeht. Im Zweifelsfall ist uns eine vermeintliche „Karriere“ wichtiger als unsere Überzeugen; wir sind nicht fähig Verhaltensformen, die uns irgendwann antrainiert wurden, zu überwinden; oder wir fürchten uns vor Repression und zensieren uns selbst; oder wir achten nicht genug auf unsere Genoss*innen, weil wir zu sehr mit uns selbst beschäftigt sind. (mehr …)