– Zwischen Traditionalismus und imperialer Interessenspolitik
Afghanistan ist zurück: In den letzten Jahren und vor allem seit dem angekündigten schrittweisen Ende des ISAF-Einsatzes ist das Land im Mittleren Osten beinahe in Vergessenheit geraten. Jetzt ist es wieder auf den Titelseiten. Der Grund ist, dass die Taliban, zuletzt zwischen 1996 und 2001, an der Macht und 2001 von einer Kriegsallianz der NATO zu Fall gebracht, in einer Überraschungsaktion die nordafghanische Stadt Kundus über Nacht mit 2000 Kämpfern und schwerem Gefechtsgerät überranten. Ein afghanischer Soldat berichtet: ,,Das ist keine Guerillatruppe mehr, das ist eine Armee” (Spiegel 30/09). Bis zum heutigen Tag zeigt sich das afghanische Militär nicht fähig die Situation unter Kontrolle zu bringen – trotz US-Luftunterstützung aus Kabul. Nicht wenige fragen sich nun: Wie kommt es dazu, dass die Taliban von ihrer Zerschlagung 2001 bis heute wieder derartig erstarken konnten, dass sie die von internationalen Militärberatern aufgebaute afghanische Armee derart unter Druck setzen können? Um diese Frage zu beantworten genügt kaum ein Rückblick auf die letzten 14 Jahre NATO-Besatzungsgeschichte in Afghanistan. In der politischen Konstellation des Landes wiederholt sich vielmehr unter jeweils anderen Vorzeichen eine Tragödie des Widerstands gegen eine repressive Form der Durchsetzung demokratischer Verhältnisse von auswertigen Mächten im Bündnis mit einer kleinen inner-afghanischen Elite. Eine Tragödie, die bis weit in die 70er Jahre hineinreicht. (mehr …)